Gendermedizin
Die Gendermedizin ist ein Fachgebiet innerhalb der Humanmedizin und der personalisierten Medizin. Sie untersucht die Auswirkungen von biologischen und soziokulturellen Geschlechteraspekten auf die Vorbeugung, Entwicklung, Diagnose, Behandlung und Erforschung von Krankheiten. Ihr Ziel ist es, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Seit wann gibt es Gendermedizin?
Die Entwicklung der Gendermedizin begann in den 1990er Jahren. Eine herausragende Pionierin auf diesem Gebiet ist die US-amerikanische Kardiologin und Medizinwissenschaftlerin Marianne Legato, die bereits in den 1980er Jahren auf die Unterschiede bei Herzerkrankungen zwischen Frauen und Männern aufmerksam wurde.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Jahr 2001 eine Empfehlung herausgegeben, lokale Strategien für eine geschlechtsspezifische Gesundheitsvorsorge im Gesundheitswesen zu entwickeln und umzusetzen.
In Deutschland hat die Fachärztin für Kardiologie Vera Regitz-Zagrosek die Geschlechterforschung in der Medizin an der Charité in Berlin maßgeblich vorangetrieben. Von 2008 bis 2019 war sie Direktorin des Berlin Institute for Gender in Medicine (GiM) und erhielt im Mai 2019 das Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste in der Gendermedizin.
In Österreich wurden an zwei medizinischen Universitäten spezielle Lehrstühle für Gendermedizin eingerichtet: Der erste Lehrstuhl wurde 2010 Alexandra Kautzky-Willer an der Medizinischen Universität Wien zugesprochen, während der zweite 2014 an Margarethe Hochleitner an der Medizinischen Universität Innsbruck ging. Seit 2010 ist es in Österreich auch möglich, einen Master of Science in Gendermedizin zu erwerben.
In der Schweiz hat Cathérine Gebhard seit 2016 eine Professur für Kardiovaskuläre Gendermedizin und kardiale Bildgebung an der Universität Zürich inne. Seit 2021 bieten die Universitäten Bern und Zürich einen Weiterbildungs-Studiengang für Gendermedizin an. Im Jahr 2022 hat die Universität Luzern begonnen, Gendermedizin als Modul anzubieten.
Wie beeinflusst das Geschlecht die Gesundheit?
Unterschiede in der Gesundheit von Frauen und Männern zeigen sich zum Beispiel in Erkrankungen, die das Herz und die Blutgefäße betreffen. So kommen Frauen mit einem Herzinfarkt durchschnittlich gesehen erst zwei Stunden später als Männer in die Notaufnahme. Sie zeigen häufig andere Symptome als Männer und oft wird der Herzinfarkt bei Frauen nicht erkannt.
Bei der Dosierung von Medikamenten müssen ebenfalls Geschlechtsunterschiede berücksichtigt werden. Zum Beispiel benötigt eine Tablette bei Frauen etwa doppelt so lange für den Weg durch Magen und Darm wie bei Männern. Auch der Abbau von Wirkstoffen in der Leber dauert bei Frauen länger.
Männer könnten tatsächlich stärker unter Schnupfen oder Grippe leiden als Frauen mit dem gleichen Infekt. Das liegt daran, dass Frauen ein stärkeres Immunsystem haben. Grund dafür ist das Hormon Östrogen, das die Vermehrung von Immunzellen fördert. Im Gegensatz dazu hemmt Testosteron ihr Wachstum.
Quellen:
- Einführung in die Gendermedizin (aerztinnenbund, PDF)
- Umfassende Informationen zur Gendermedizin und zu Geschlechterunterschieden bei Herzerkrankungen (bpb)
- Übersichtliche Informationen zu unterschiedlichen Symptomen bei Frauen und Männern (München-Klinik)
- Erklärung von geschlechtsspezifischer Medizin (Deutscher Bundestag, PDF)
- Informationen zu Marianne Legato (WebMD)
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