Darum blogge ich über meine Geschichte als schwuler Mann, der Krebs überlebt hat
Mein Name ist Lukas und in Zukunft werde ich hier auf Kurvenkratzer über meine Erfahrungen und meinen ganz persönlichen Umgang mit der Erkrankung Krebs schreiben. Was diesen für mich so besonders macht, erzähl‘ ich euch heute.
Zunächst möchte ich mich herzlich über die Einladung des Kurvenkratzer-Teams hier zu schreiben und die wahnsinnig engagierte Arbeit bedanken das Thema Krebs und Gespräche darüber zu enttabuisieren!
Mein Name ist Lukas und ich blogge nun seit schon 2,5 Jahren auf meiner Seite über meine Geschichte. Wie und warum habe ich damit begonnen? Als ich krank war habe ich, wie viele Krebsbetroffene, nach Berichten und Geschichten anderer Krebspatient_innen gesucht. Manche Blogs haben mich gestärkt, zum Beispiel wenn ich sah, dass auch „Menschen wie ich“ mit metastasiertem Hodentumor überleben können. Andere Blogs haben mir aber auch Angst gemacht, zum Beispiel, wenn das Augenmerk des Blog auf Berichte über Probleme, Schmerzen, schief gelaufene Operationen und heftige Emotionen, gelegt wurde. Ich war selber so fertig während meiner Chemotherapie (ich habe innerhalb eines Jahres insgesamt 120 Tage in Krankenhaus verbracht!) und hatte so viel Kontakt zu Leid, kranken und sterbenden Menschen, (natürlich hat ich auch positive und schöne Erlebnisse!), dass ich bei meiner Online-Suche wirklich positiven und bestärkenden Blogs finden wollte. Vor fünf Jahren gab es auch noch nicht so viele Blogger, wie heute. Es freut mich total, dass es nun mehr Menschen und somit auch mehr Vernetzung gibt.
Während meiner Erkrankung habe ich mich selber viel mit Selbstfürsorge, Meditation, psychischer Gesundheit und spirituellen Zugängen beschäftigt. Ich hatte zwar weitgehend tolle Ärzt_innen, jedoch waren diese nicht wirklich für ganzheitliche Zugänge offen. So entstand bei mir der Eindruck, dass in der onkologischen, schulmedizinischen Behandlung für all diese Themen kein Platz war und die Beschäftigung damit als Privatvergnügen angesehen wird, das mit den eigenen Heilungschancen und Bewältigung der Erkrankung nichts oder wenig zu tun hat.
Ich hätte mir selber sehr gewünscht eine Stelle zu finden, in der ich mir aus einer Hand Informationen über Ernährung, Körper-Geist-Medizin, Spiritualität und psychische Ressourcen rausholen könnte, anstelle mir das alles mühsam auf eigene Faust erarbeiten zu müssen.
Und so habe ich beschlossen, über meinen Weg zu schreiben. Dies ist natürlich super für mich selber, da ich meine eigene Geschichte und Erfahrungen nochmal verarbeite. Gleichzeitig habe ich in meiner „Bloggerlaufbahn“ auch viel gelernt übers Schreiben und darüber wie ich Themen aufziehen kann. Ich habe so viel recherchiert und mich mit anderen interessanten Menschen vernetzt.
Ein Teil meines Heilungsweges war es, von meiner Heimatstadt Wien nach Berlin umzuziehen. Ich habe gemerkt, dass ich für meine Gesundheit in diese Stadt umziehen will. Berlin ist ja ein sicherer Hafen für so viele queere Menschen. Queer ist ein Überbegriff für schwul,lesbisch,bisexuell, trans* und intergeschlechtliche Menschen oder Menschen, die außerhalb von gesellschaftlichen Normen zu Sexualität und Geschlecht leben. Ich habe hier eine Gemeinschaft queerer Männer entdeckt, mit der ich meine eigene Sexualität und damit auch ein großes chronisches Stressthema erforscht und aufgearbeitet habe. Ich bin überzeugt davon, dass mich dieser neue Umgang mit meiner Sexualität auch stärkt sodass ich jetzt, vier Jahre nach der Diagnose, weiterhin krebsfrei und relativ gesund bin!
Durch den Umzug nach Berlin musste ich eine fast einjährige Pause mit dem Bloggen einlegen. Es war so anstrengend, in einer neuen Stadt ein neues Leben aufzubauen, einen neuen Job, eine Wohnung zu finden, neue Menschen kennenlernen, ein neues Nachsorgenetzwerk aufbauen usw., dass ich einfach keine Zeit und Energie zum Schreiben hatte.
Im Sommer 2019 habe ich jedoch gemerkt, dass mich meine Arbeit nicht mehr glücklich macht. Ich hatte seit längerer Zeit wieder Todesängste und die Frage beschäftigte mich, was ich dennoch machen wollen würde, wenn ich nur mehr X/Y/Z Monate hätte. Und dann war es klar: Ich möchte mehr Schreiben, meinen Blog weiterbetreiben, vielleicht ein Buch schreiben und mich beruflich umorientieren.
Ich habe während meiner Jahre als Krebspatient und Überlebender auch gemerkt, dass beim Thema Krebs im Internet oder bei Beratungsstellen sehr wenig Vielfalt abgebildet ist. Ganz oft habe ich mich als schwuler, queerer, junger Mensch nicht angesprochen gefühlt. Andererseits war in vielen spirituellen Traditionen das Thema Sexualität und Queerness wenig präsent. In queeren und schwulen Medien, Orten und Clubs wiederum, werden die Themen chronische Erkrankungen, Krebs oder Behinderung gerne ausgeklammert. Von einem queeren Schamanen in meiner Community hier in Berlin, habe ich den Satz gelernt:
„Wenn in deiner Gemeinschaft oder in einem Bereich deines Lebens etwas fehlt und du tief überzeugt bist, dass es dies in der Welt braucht dann ist es deine spirituelle Aufgabe, es in die Welt zu bringen.“ Dieses Zitat finde ich so stark. Da mir alle diese Themen wichtig sind und mich ausmachen, möchte ich mit meinem Blog diese verschiedenen Anteile zusammenbringen! Krebs ist ja eine omnipräsente Erkrankung, die die verschiedensten Menschen aus unterschiedlichen Communities trifft.
Wenn ich etwas weiß dann ist es, dass es unglaublich wichtig ist, dass Menschen sich in Angeboten repräsentiert sehen und wiederfinden! Aus diesem Grund finde ich es wichtig, dass auch zum Thema Krebs mehr Vielfalt und verschiedene Geschichten präsent sind und deshalb positioniere ich mich aktiv auch als schwuler, hochsensibler Mann der meditiert, feministisch ist, sich viele Gedanken über unser gesellschaftliches Zusammenleben macht und immer wieder mit seiner psychischen Gesundheit hadert, sich durch Psychotherapie unterstützen lässt und vieles mehr.
Wenn du mehr über mich und meine Arbeit wissen möchtest, schau gerne auf meiner Website vorbei.
Ich freue mich darauf, in Zukunft auch hier bei Kurvenkratzer regelmäßig zu schreiben und wünsche Dir bis dahin auf deinem Weg alles Gute!
Lukas
Lukas Brock
„Wenn in deiner Gemeinschaft oder in einem Bereich deines Lebens etwas fehlt und du tief überzeugt bist, dass es dies in der Welt braucht dann ist es deine spirituelle Aufgabe, es in die Welt zu bringen.“ – Von dieser Philosophie ist Lukas fest überzeugt. Er möchte seine Erfahrungen und seinen ganz persönlichen Zugang teilen.
Männlich, schwul, krebskrank: Seit 2,5 Jahren bloggt Lukas nun auf seiner Seite über seinen Weg mit der Diagnose „metastasierter Hodenkrebs“ und seinen Umgang damit. Durch seine Geschichte hat er erfahren, wie traumatische und schwierige Lebensereignisse auch gleichzeitig ein Katalysator für persönliche Weiterentwicklung sein kann. Seine Vision ist es, durch ein authentisches Erzählen seiner Geschichte als schwuler, hochsensibler, spiritueller, sexpositiver, feministisch-aktivistischer Mann, der Krebs überlebt hat, andere Menschen auf ihrem Weg zum persönlichen Wachstum zu inspirieren.