Wie kann ich mich auf das Sterben vorbereiten?
Was will ich vor dem Tod erledigt haben? Worum möchte ich mich noch kümmern? Was ist mir wichtig am Lebensende? Wir sagen dir, wie du auch auf deinem letzten Weg selbstbestimmt bleibst.
Niemand redet über den Tod. Aber über das Sterben reden noch viel weniger Menschen. Dabei gehören Tod und Sterben genauso zum Leben wie Zeugung und Geburt. Denn mit unserem Erscheinen in dieser Welt ist vorherbestimmt, dass wir sterben und irgendwann tot sein werden. Wir Kurvenkratzer lieben es, über Tabus zu sprechen, weshalb es heute ums Sterben gehen soll.
Die fünf Versäumnisse
Ist es nicht zu spät, wenn erst auf den letzten Metern die Einsicht kommt? Die Australierin Bronnie Ware, ehemalige Palliativkrankenschwester und heute Autorin, schreibt in ihrem Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ über fünf große Versäumnisse, die Menschen auf dem Sterbebett plagen:
- „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mir selbst treu zu bleiben, statt so zu leben, wie es andere von mir erwarteten.“
- „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.“
- „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.“
- „Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden gehalten.“
- „Ich wünschte, ich hätte mir mehr Freude gegönnt.“
Sie plädiert dafür, schon zeitlebens gegenzusteuern und entsprechend zu handeln. Überlege: Was wäre, wenn du die gleichen oder ähnliche Wünsche hast, und diese ab sofort in die Tat umsetzt?
Das Lebensende planen
Weißt du, was eine Patientenverfügung ist? Hast du bereits die Bankvollmacht geklärt? Diese Formulare sind großteils standardisiert und im Hospiz- und Palliativbereich wird beim Ausfüllen geholfen. Um juristischen Streitfällen vorzubeugen, ist es ratsam, solche Patientenvollmachten notariell zu beglaubigen. Du siehst, die Frage, „worum möchte ich mich vor meinem Tod noch kümmern?“, ufert schnell aus – womit wir dich keinesfalls verunsichern möchten.
Franco Rest, Professor für Erziehungswissenschaften, Sozialphilosophie, Sozialethik, Pflegewissenschaft hat sich noch viel eingehender mit der Fragestellung beschäftigt, wie das Lebensende geplant werden kann. In seinem Entwurf einer „Spirituellen Verfügung“ (die wir am Ende verlinken) fokussiert er sich auf das Zwischenmenschliche und den Umgang mit den eigenen Emotionen im bisherigen Leben. Lass dich nicht von der geistigen Wortwahl abschrecken, es geht darin nicht vordergründig um Religiöses, sondern um ein selbstbestimmtes Abschließen.
Die letzte Reise gestalten
Wer soll bei dir sein, wenn du stirbst? Möchtest du bei der Abschiedsfeier selbst noch anwesend sein (oder lieber ganz klassisch nach dem Tod eine Trauerfeier haben)? Willst du eine letzte Party schmeißen? Die geliebten Menschen ein letztes Mal versammelt sehen? Willst du gemeinsam mit ihnen lachen und weinen? Welche Musik soll dabei laufen? Wer soll eine Rede halten oder einen Text vorlesen? Was soll nach deinem Tod mit deinem Körper passieren?
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Bestattungsunternehmen im deutschsprachigen Raum, die sich mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigen. The Funeralists aus Berlin, gegründet von Barbara Till und Alexandra Kossowski, nimmt hier eine Vorbildwirkung ein. Ihre Arbeit, die durch das „Trauercoaching“ geprägt ist, besteht genau darin: „Wir geben Raum und Zeit für individuelle Abschiednahmen“, heißt es von den Gründerinnen. Ihnen ist ein Anliegen, „bei all der Trauer und Schwere auch warme Momente der Erinnerung und des Abschieds entstehen zu lassen.“
In unserem Podcast „Let’s talk about Krebs, Baby!“ haben wir mit The Funeralists über den dystopisch erscheinenden Satz „Wir werden alle sterben!“ gesprochen. Barbara Till und Alexandra Kossowski motivieren uns alle, recht pragmatisch damit umzugehen. Hör jetzt rein.
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Der letzte Weg
Sich auf den ultimativen Weg zu begeben, ist schmerzhaft, keine Frage. Er kann aber auch wohltuende Momente haben, wenn du weißt, dass alles – so gut wie eben möglich – abgeschlossen ist. Natürlich geht das nicht immer, und wie bei der Krebserkrankung auch oft nur im Rahmen deiner persönlichen Umstände. Das ist aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, denn auch auf den letzten Metern kannst du dir ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit behalten.
Quellen
- Bronnie Ware. 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen. Einsichten, die Ihr Leben verändern werden. Aus dem Englischen von Wibke Kuhn. Goldmann Verlag 2015
- Live without regrets – Website von Bronnie Ware (Englisch)
- Spirituelle Verfügung (Prof. Dr. Franco Rest)
- Website von Prof. Dr. Franco Rest
- Kurvenkratzer-Checkliste „Der letzte Weg“ (PDF)
- The Funeralists im Kurvenkratzer-Podcast „Let’s talk about Krebs, Baby!“
Titelfoto: Unsplash/Fer Gomez
Über die Serie
Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.
Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.