Hochsensibilität: Die Orchideen in einer Welt voller Löwenzahn
Hochsensible nehmen alles intensiver wahr: Geräusche, Gefühle, Berührungen, Reize aller Art. Für sie ist es Fluch und Segen zugleich. Auch wenn Hochsensible schneller überfordert sind, unter den richtigen Bedingungen erblühen sie wie eine Orchidee. Ob du hochsensibel bist und wie du diese Veranlagung in dein Leben integrieren kannst, erfährst du in unserem famosen Artikel!
Wie du Hochsensibilität in dein Leben integrierst
Falls es bis dato so rübergekommen ist, als sei Hochsensibilität eine Bürde: Ja, das kann sie auch sein, aber mit dem richtigen Umfeld und den passenden Umständen gedeihen die sensiblen Orchideen geradezu exzellent. Darum müssen Hochsensible mehr als andere ihre ureigene, natürliche Balance finden. Wir haben ein paar Tipps, wie das gehen könnte:
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Nimm deine Sensibilität als ein Persönlichkeitsmerkmal an
Viele Hochsensible empfinden sich als zu weich, falsch oder schlicht als nicht passend. Wie ein Legostein inmitten einer Playmobilwelt. Gerade Männer haben ein Problem damit (Du kannst dreimal raten, warum!). Und wer jetzt denkt, Frauen sind sicher in der Sensibilitätsmehrzahl, hat sich geirrt. Es handelt sich um eine faire 50/50-Angelegenheit.
Der erste Schritt in der Integration deiner selbst ist es also, deine Sensibilität als so selbstverständlich anzunehmen wie die Farbe deiner Augen. Es ist null komma gar nicht förderlich, gegen seine eigene Natur anzukämpfen. Aber andererseits genauso wenig, wenn du dir den Hut „hochsensibel“ aufsetzt, damit übereifrig herumstolzierst und von allen verlangst, dass sie dich jetzt nur noch mit Wattebäuschchen bewerfen, weil du nun mal so bist. No, no, no – du bist deine eigene Verantwortung.
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Versuch deine Energie zu managen
Als hochsensibler Mensch brauchst du mehr Zeit, Platz und Ruhe, um Reize und Gedanken zu verarbeiten. Das ist vollkommen okay, heißt aber auch, wenn du dir diese Zeit nicht nimmst und ständig “drüberlebst”, es dazu führen kann, dass du ausbrennst. Die Gefahr ist nämlich, dass du in einen Teufelskreis gerätst und weniger schläfst, weil du bestimmte Dinge vielleicht nicht geschafft hast, oder mehr Alkohol trinkst, weil er die Hemmschwelle heruntersetzt und dir vorübergehende Entspannung schenkt.
All das wird von unserer feierwütigen Leistungsgesellschaft gerne incentiviert. Du aber brauchst ein wenig mehr Zeit und Ruhe fürs Reflektieren, anstatt immer wieder über deine Grenzen hinauszugehen. Und nicht nur Ruhe: Der Sound of Silence kann dir einen akustischen Raum geben, in dem du höchstzufrieden den Stress der letzten Tage ausseufzt und dir ein regenerierendes “endlich” entlockt. (Kurzum: Lockdowns waren für Hochsensible ein Klacks). So könntest du beispielsweise regenerieren:
- Genehmige dir genügend Schlaf
- Nimm dir Zeit für dich!
- Sei achtsam und meditiere
- Yoga, Qi-Gong, Sport, etc.
- Auszeiten in der Natur, Waldbaden, etc.
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Mache den Menschen in deinem Umfeld verständlich, was du brauchst
Gerade in einer Beziehung oder in einem Arbeitsverhältnis ist das besonders wichtig, damit du nicht missverstanden wirst. Es prallen verschiedene emotionale Welten aufeinander. Will dich dein:e Chef:in beispielsweise in ein Großraumbüro stecken und du weißt, dass dich das Tippen, Klackern, Ringen, Schwatzen und die suspekt-überfreundlichen Kolleg:innen irritieren und ablenken werden, sag ihr möglichst früh, dass du in einem Einzelbüro oder Home-Office viel bessere Leistungen erbringen kannst.
Auch in einer Beziehung ist Achtsamkeit und Kommunikation (wie so oft) der Schlüssel, um gegenseitiges Verständnis herzustellen. Hach, die ewige Spielplatzwippe der Liebe. Das Ziel sollte es sein, eine gemeinsame Balance zu finden, mit der sich beide Partner wohlfühlen.
Ein:e nicht hochsensible:r Partner:in muss eventuell mehr Rücksicht nehmen. Sei es das klirrende Geschirrspülerausräumen oder der omnipräsente Geräuschpegel der Drucklufthammerbaustelle, die penetranten Indischrestaurant-Gerüche, oder aber die unterschiedlich ausgeprägten sozialen Batterien.
Es ist verdammt wichtig, dass du für das einstehst, was dir guttut! Gerade wenn du keine Möglichkeit findest, zu entfliehen und kurz auszuatmen, kommt der Disstress hoch wie das letzte Mittagessen. Geräusche und Gerüche können sich in ihrer Intensität fast gewaltsam anfühlen, während sie für andere kaum der Rede wert sind.
Die bereits angesprochenen sozialen Events können gern mal Konfliktsituationen herbeiführen (gerade, wenn der:die Partner:in eher extrovertiert ist). Denn große Versammlungen oder laute Feiern mit einem Haufen fremder Menschen sind für Hochsensible ein Synonym für Überforderung. Entscheide in solchen Umständen für dich, wann du fordernde soziale Situationen zulässt.
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Lebe deine Intuition
Hochsensible Menschen haben – mehr als andere – ein unstillbares, aber gerne ignoriertes, Bedürfnis nach einer gelebten Übereinstimmung. Seien es die eigenen Ansprüche mit dem tatsächlichen Verhalten oder die Identifikation mit jeglichen Tätigkeiten, egal ob Beruf oder der Umgang mit den eigentlich-doch-eh-voll-netten Nachbarn. Es braucht eine sogenannte “intrinsische Motivation”. Das heißt, dass dein Verhalten von einem inneren Wunsch nach Erfüllung angetrieben wird. In diesem Sinne: Hör auf deine Intuition! Die ist ohnehin stark ausgeprägt und wird dich ziemlich schnell wissen lassen, ob du mit dir selbst übereinstimmst.
Inbegriff: Unterschätzt
Wenn Hochsensibilität keinen Sinn machen würde, hätte die Natur diese Eigenschaft schon längst abgeschafft. Sie kann ein immenser Vorteil sein, wenn man ihr Platz zur Entfaltung gibt. Was Hochsensible dann alles können, ist mehr als nur erstaunlich. Klänge, Gerüche, das Leben an sich – alles ist bunter. Schöne Erlebnisse werden viel intensiver wahrgenommen und der Sex ist intensiver, weil Reize tiefer verarbeitet werden.
Klingt doch bombe, nicht? Es besteht außerdem ein bewiesener Zusammenhang zwischen Kreativität, Spiritualität und Hochsensibilität. Deswegen arbeiten Hochsensible überdurchschnittlich oft als Geistliche, Autor:innen, Philosoph:innen, oder Künstler:innen.
Auch wird hochbegabten Menschen generell eine Tendenz zur Übererregbarkeit nachgesagt. Die feinen Antennen und die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinversetzen zu können, machen Hochsensible zu richtig guten Führungskräften, unter anderem auch, weil sie in Krisensituationen oftmals klar, fokussiert und lösungsorientiert handeln.
Das ist wohl der Vorteil, wenn man sich ständig in einem sensorischen Ausnahmezustand befindet. Gerade jene, die schon als Kind unterstützt wurden, können mit ihrer Hochsensibilität zu richtig starken Persönlichkeiten reifen.
Quellen:
- Hochsensibilität & Helfersyndrom
- Hochsensible ticken anders
- Lebensstrategien
- Hochsensibilität – Wikipedia
Zum Weiterlesen:
- Hier geht’s zum Hochsensibilitäts-Test
- Bekenntnisse von einer, die zuviel empfindet
- „Sind Sie Hochsensibel?“ von Elaine Aron
Titelfoto: Unsplash/Rae Galatas
Über die Serie
Was ist Glück? Was bedeutet es, glücklich zu sein? Ist Glück eine Veranlagung? Wie wird man glücklich? Existentielle Fragen, die einerseits höchst individuelle Antworten bergen, aber andererseits wissenschaftlich ergründbar sind. Glücksforschung ist ein gut gelauntes Metier der Wissenschaft, das noch gar nicht so lange existiert. Die „positive Psychologie“ rückt zum Beispiel die schönen Gefühle in den Mittelpunkt. Und dafür gibt es gute Gründe: Denn vorbeugen ist leichter als heilen, das gilt auch für psychische Erkrankungen. Kaum etwas macht dich so gesund wie eine optimistische Lebenseinstellung!
Also: keine Esoterik, Quacksalberei oder falsche Versprechen. In dieser Serie findest du ausschließlich wissenschaftlich bewiesene Glücklichmacher – inklusive Tipps und Tricks für dein eigenes Wohlbefinden.