11 min
Interview
11 min

„Ich hatte Zungenkrebs, aber sonst bin ich ganz normal“

Wir haben uns mit der Salzburger Food- und Lifestylebloggerin Claudia Braunstein über ihre seltene Krebsdiagnose, leidenschaftliches Schmusen und perverse Gelüste unterhalten. Ach ja. Und über Essen.

Was ist dein Lieblingsessen und musstest du dir nach deiner Diagnose ein neues „suchen“?

Beef Tartar ist eines meiner Lieblingsessen. Ich esse tatsächlich gerne Jakobsmuscheln und Austern. Alles was aus dem Meer oder See kommt funktioniert gut. Das schneidet man dann klein, mit Soße, Olivenöl oder viel Butter. Ich esse auch gerne Süßes, Mus-artiges. Als Vorspeise auch gerne Terrinen.

Es gibt zwei Dinge, die mir echt fehlen. Ein frisches Schwarzbrot mit einer knusprigen Kruste, Butter und Schnittlauch. Oder ein Salzstangerl. Und ich würde ab und zu gerne so ein schönes, blutiges Steak essen mit irgendeiner geilen Butter drauf oder so. Und dann habe ich natürlich auch so perverse Gelüste nach Dingen, die ich früher nicht gegessen habe, wie Burger. Aber das ist nichts wo ich sage: „Boah, das fehlt mir so, weil ich das früher ständig gegessen habe.“

Unter deinen Rezepten finden sich viele heimische Superfoods wie Kräuter, Beeren usw. Hat das einen Grund?

Also meine Devise ist, dass ich das weiter durchführe, was ich vorher gemacht habe. Heimisch, regional, saisonal. Ich versuche mich auch in klassischen Rezepten, die ohnehin gut passen wie z.B. eine Pinzgauer Schottsuppe oder vegane Kohlsuppe. Sucht man traditionelle Gerichte aus seiner Umgebung, kommt man drauf, dass das meiste richtiges „Gatsch-Essen“ ist. Suppen, Mus, Brei, Sterz mit Kaffee zum Beispiel. Da braucht man nichts ändern. Man hat sich den Begebenheiten der Menschen angepasst und im Alltag einfach „Gatsch“ gekocht.

Wenn du ein Lebensmittel wärst. Was wäre es?

Wenn ich ein Lebensmittel wäre…also ich bin jetzt natürlich ungern ein Tier, weil der Gedanke dass man dann verspeist wird ist natürlich nicht so charmant. (lacht) Ja, dann am ehesten ein Milchprodukt, dann wäre ich vielleicht ein Joghurt. Vielleicht ein Joghurt, ja.

Clara Zitat Claudia Braunstein Foto Clara Schwoellinger
Nach ihrer Krebsdiagnose hat sich Claudia in ein neues, normales Leben "zurückgekämpft" - wie sie es bezeichnet. Fotocredits: Clara Schwöllinger

Jetzt in der aktuellen Situation – Wir müssen alle Mundschutz tragen, du bist davon befreit?

Ich bin Mundschutzbefreit, ja. Ich trage aber trotzdem einen, dort wo er gefordert wird. Nach einer viertel Stunde bin ich aber echt außer Atem bin mit diesem „depperten“ Mundschutz. Aber prinzipiell muss ich sagen, in meinem Fall ist es eigentlich auch gut wenn ich eine Maske aufhabe. Ich habe so eine feuchte Aussprache, weil ich so viel Speichel habe und das irritiert Menschen natürlich. Und ich will jetzt auch kein Schild mitnehmen wo drauf steht: „Ich habe so viel Speichel im Mund, aber ich bin nicht gefährlich“. (lacht)

„Ein wichtiger Faktor im Leben ist zu erkennen: Was ist schön, was ist wichtig, was erfreut mich.“

Was gibst du anderen mit auf den Weg?

Ich würde heute nicht so dasitzen, wenn ich diese scheiß Erkrankung nicht gehabt hätte. Mein Lebensweg wäre sicher in eine andere Richtung gegangen. Ich lebe sehr gesund, rauche nicht mehr, trinke nie Alkohol, nicht einmal das berühmte eine Gläschen und lebe vor allem mental sehr gesund. Man muss einfach wissen was die Wichtigkeiten im Leben sind. Ist das der Porsche vor der Haustüre oder das Gänseblümchen am Wegesrand? Ein wichtiger Faktor ist zu erkennen: Was ist schön, was ist wichtig, was erfreut mich.

Es ist einfach generell für Krebspatienten total wichtig, offen mit seiner eigenen Situation umzugehen. Es gibt natürlich viele Krebserkrankungen, wo man wieder ein vollkommen normales Leben führen kann. Ich bin zwar geheilt von Krebs, bin aber mehrfach behindert und habe auch einen Schwerbehindertenausweis. Der bleibt auch so! (lacht) Ich glaube das Wichtige ist einfach offen sein.

Und das sehen wir genauso. Denn: Egal wie Du über Krebs sprichst. Hauptsache Du tust es.

Clara Selfie Claudia Clara Garten Salzburg Foto Clara Schwoellinger_IMG_
Sonniger #terassentalk mit Claudia in ihrem zu Hause in Salzburg. But first: Let us take a Selfie. ;) Foto: Clara Schwöllinger

Ihr wollt mehr über Claudia erfahren?

Karen Abel hat sich in Folge 7 ihres Podcasts „Leben mit Krebs – let´s talk about cancer“ mit Claudia unterhalten. Hier geht’s direkt zum PodcastTalk:

https://www.influcancer.com/blog/der-7-podcasttalk-claudia-geheilt-vom-zungenkrebs-das-leben-mit-den-nachwirkungen/

Über die Serie

Stark sein? Runterschlucken? Das Schicksal ertragen? Wir von Kurvenkratzer bekommen latenten Brechreiz, wenn wir derartige Sprüche hören. Und warum flüstern wir, wenn wir über Krebs reden? Ja, Krebs ist in unserer Gesellschaft leider noch immer ein Tabu. Studien zufolge trifft aber jeden zweiten Menschen im Laufe seines Lebens eine Krebserkrankung. Krebs ist also alles andere als eine gesellschaftliche Nische.

In unseren Interviews sprechen wir mit Menschen, die Krebs am eigenen Leib erfahren haben oder nahe Betroffene sind. Wir reden mit ihnen über den Schock, den Schmerz, Hilfe zur Selbsthilfe, Humor und Sexualität, sowie darüber, wie es gelingt, Mut und Hoffnung zu finden. Damit möchten wir dich motivieren: Wenn du das Gefühl hast, über deine Erkrankung sprechen zu wollen, dann tu es. Du bist nicht allein.

Jetzt teilen