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Mit uns statt über uns
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Dein Joker im Krebsgame

Wenn du Krebs hast, stehst du mit lebenswichtigen Entscheidungen oft ziemlich allein da. Es fehlt an maßgeschneiderter Hilfe – obwohl Studien zeigen, wie wichtig der flächendeckende Einsatz von Cancer Nurses und Onkolots:innen wäre. Warum ist das so, und wie lässt sich das ändern?

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Wie sieht es also mit der professionellen Begleitung von Krebspatient:innen in Deutschland aus? Dort ist man schon etwas weiter als in Österreich. Aber noch keineswegs am Ziel.

Weg durch den Behandlungsdschungel

Konkret sind in manchen deutschen Krankenhäusern und auch im ambulanten Bereich Onkolots:innen im Einsatz. Ihr Auftrag ist ähnlich wie jener der Cancer Nurses: Sie unterstützen Krebsbetroffene und ihre Zugehörigen – durch den Behandlungsdschungel, und durch das Labyrinth namens Gesundheitswesen.

Was ist ein:e Onkolots:in?

Als Onkolots:innen bezeichnet man medizinisches Personal, das speziell dafür ausgebildet ist, um onkologischen Patient:innen sowie deren Zugehörigen zu helfen, während der Erkrankung einen optimalen Weg durch die Versorgungsangebote zu finden. Sie sind zugleich Pflegende, Sozialarbeiter:innen und seelische Stütze.

Sie beraten Patient:innen auf ihrem Weg durch das Gesundheitswesen, begleiten sie zu den Untersuchungen und Arztgesprächen und sind während der Chemotherapie, vor und nach Operationen oder anderen Behandlungen da. Sie weisen sie auf ihre Möglichkeiten hin – und sind einfach da, um zuzuhören.

Jetzt kommt das Aber: Das Problem ist auch hier die geringe Verbreitung der Spezies “Onkolots:in”. Die gibt es bisher nur in Modellprojekten, häufig von der Krebshilfe finanziert. Das liegt daran, dass sie nicht von den Kassen bezahlt werden. Nur in Sachsen übernehmen diese das Honorar der Onkolots:innen – jedoch nur bei Pflegefällen ab dem Pflegegrad 1. Reichlich spät also.

In Deutschland steht jedoch ein ähnliches, umfassenderes Konzept der Patient:innen-Navigation vor der Aufnahme in die Regelversorgung: Die Patientenlots:innen. Diese konzentrieren sich nicht ausschließlich auf Krebspatient:innen; ihre Zielgruppe besteht aus schwer oder chronisch Kranken und multimorbiden Patient:innen (die also an mehreren Krankheiten zugleich leiden), die nicht adäquat am Behandlungsprozess mitwirken können. Weil sie eine geringe Gesundheitskompetenz haben oder körperlich oder geistig eingeschränkt sind.

Aktuell werden deutschlandweit 75.000 Patient:innen von solchen Lots:innen in Modellprojekten begleitet.

Ein Fluglotse und ein Hubschrauber.
Ein:e Lots:in bringt dich nicht nur sicher zurück auf den Boden, sondern zeigt dir den Weg nach vorn. (Foto: Germannavyphotograph)

Was der Rhein damit zu tun hat

Die Aufnahme dieser Patientenlots:innen in die Regelversorgung (sprich: Bezahlung durch die Kassen) wird seit vielen Jahren gefordert, und steht aktuell tatsächlich im Koalitionsvertrag der deutschen Ampelregierung. Es fehlt aber noch an einem konkreten Plan für die Umsetzung.

In einem ersten Schritt hat in Nordrhein-Westfalen gerade ein Projekt namens „Lex Lotsen OWL“ gestartet. Erklärtes Ziel: einen Pfad zur Überführung verschiedener Lotsenmodelle in die Regelversorgung zu erarbeiten.

Bis es soweit ist, wird aber noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen. Und was das dann für die Finanzierung der Onkolots:innen bedeutet, die speziell für Krebsbetroffene da sind, ist offen.

Was lernen wir daraus?

Nun, vor allem eins: Menschen mit ihrer Krebserkrankung allein zu lassen ist nicht mehr zeitgemäß. Es ist aber leider nach wie vor üblich.

  • Natürlich sind die Ärzt:innen und das Pflegepersonal für ihre Patient:innen da. Aber wie wir alle wissen, können sie sich nicht um alles kümmern (ein Sachverständigenrat hielt schon 2009 in einem Gutachten fest: “Ein Hausarzt würde etwa 18 Stunden täglich benötigen, um alle empfohlenen Maßnahmen zur angemessenen Prävention und zur Betreuung seiner chronisch kranken Patient:innen umzusetzen“).
  • Es gibt aber vielversprechende Ansätze, wie Patient:innen besser durch ihre Behandlung begleitet werden können.
  • Sie heißen Cancer Nurses, Onkolots:innen oder Patientenlots:innen, und haben nicht nur Vorteile für Betroffene selbst, sondern auch für das Gesundheitssystem.
  • Sie sorgen für mehr Behandlungstreue und Versorgungskontinuität, weil durch die fachkundige Betreuung und Anleitung etwa Krankenhausaufenthalte vermieden werden können.
  • Dadurch werden übrigens auch Kosten eingespart. 

Im Klartext: Die Zeit ist reif für bessere Patient:innenbegleitung. Worauf warten wir noch?

Was fordert Kurvenkratzer?

“Es ist wichtig, dass Entscheidungsträger:innen den Vorteil professioneller Patient:innenbegleitung anerkennen, sowohl für die Betroffenen als auch für den Behandlungserfolg. Diese Art von Unterstützung für Krebspatient:innen muss dringend flächendeckend eingeführt werden.

Bestehende Ansätze wie das Cancer Nursing und Modellprojekte wie die Onkolots:innen müssen weiterentwickelt werden, ihr Einsatz im Krankenhaussetting, aber auch im ambulanten Bereich gesetzlich geregelt werden. Krankenkassen müssen ihre Finanzierung übernehmen.

Links und Quellen:

Titelbild: Pexels/Ilias Saltidis

Die Produktion dieses Artikels wurde von Pfizer Corporation Austria, Wien unterstützt, unter Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit. [PP-UNP-AUT-0486/01.2024; www.pfizer.at]

Über die Serie

Stell dir vor, du hast kein Wahlrecht. Du lebst zwar in einem modernen Staat, doch es gibt niemanden, der oder die deine Interessen vertritt. Sobald du bei Entscheidungen mitreden willst, heißt es: Sorry, das geht nicht. Du bist ja kein:e Expert:in.

So ähnlich könnte man den aktuellen Zustand der Patient:innenvertretung beschreiben. Okay, das Gesundheitssystem ist natürlich keine Diktatur. Tatsache ist aber, dass Patient:innen in vielen Ländern bei wesentlichen Entscheidungen kaum mitbestimmen können.

Genau darum geht es in “Mit uns statt über uns”. In unserer Serie machen wir erfahrbar, warum es dringend mehr anerkannte, professionelle Patient:innenvertretungen braucht. Wir greifen das Thema in aller Tiefe auf. Zeigen Beispiele, blicken in andere Länder, entlarven die Einwände, sprechen über Vorteile und schlagen vor, wie ein Paradigmenwechsel funktionieren könnte.

Mit  dieser Serie verbinden wir zwei Leidenschaften. Wir sind ein Magazin, arbeiten journalistisch und fühlen uns ausgewogener Berichterstattung verpflichtet. Wir sind aber auch Teil von euch, unserer Patient:innencommunity, und wollen mehr Mitsprache. Wir nehmen uns nichts Geringeres vor, als beides zu erreichen.

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