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Tired 24/7
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Fatigue. Die gefühlt endlose Müdigkeit

Erst der Krebs und dann auch noch ständig müde, erschöpft und wie gerädert. Wenn neben der Krebserkrankung auch noch Fatigue dazukommt, fühlt sich der Alltag sehr schnell unbewältigbar an. Was Fatigue ist und was dagegen hilft.

Seite 2/2: Wie das Fatigue-Syndrom bei Krebs behandelt wird und unsere Kurvenkratzer-Checkliste für den Umgang mit Fatigue.

Fatigue oder einfach nur eine Depression?

Die Beschwerden bei Fatigue, chronischem Fatigue-Syndrom und Depression sind ähnlich und für Laien schwer zu unterscheiden. Durch die Konfrontation mit dem Sterben könntest du sogar von Trauer betroffen sein. Du solltest unbedingt mit deinem ärztlichen Team sprechen, um abzuklären, was das Problem für Müdigkeit und Antriebslosigkeit ist – und wie du gegensteuern kannst.

Fotomontage eines besorgten Manns, der die über seinem Kopf schwebenden Wolken betrachtet.
Zweifel, Ängste und Sorgen gehören zum Alltag von Krebspatient:innen dazu. Es hilft, diese zermürbenden Gedanken etwas gelassener zu sehen. (Foto: Shutterstock/Phoenixns)

Ganz vereinfacht gesprochen helfen bei Depression bestimmte Medikamente, die bei Fatigue eher nicht wirken. Körperliche Aktivität kann bei Fatigue die Symptome lindern. Bei Depression kann es sein, dass die Beschwerden trotzdem weiterbestehen.

Lese-Tipp: Wusstest du, dass Musiktherapie (aktives Musizieren, aber auch bewusstes Musikhören) bei Fatigue helfen kann? In „Musiktherapie bei Krebs. Put your records on!“ erfährst du mehr.

Wie wird Fatigue behandelt?

Jetzt müssen wir dich gleich enttäuschen. Die Wunderpille gegen krebsbedingte Fatigue gibt es leider nicht. Weil verschiedenste Ursachen zusammenwirken könnten. Deshalb ist die medizinische Abklärung so wichtig (Sorry für das Wiederkäuen).

Anhaltender Müdigkeit vorbeugen:

  • Bewegung bringt Körper und Geist in Schwung.
  • Fitnesstraining macht den Körper widerstandsfähiger und schafft Erfolgsmomente.
  • Körperliche Aktivität kann die Wirkung der Krebstherapie verbessern und sogar vor Rückfällen schützen.
  • Schlechte Nachricht für Couch Potatoes: Schonen geht bei Fatigue nach hinten los. Die körperliche Leistungsfähigkeit schwindet.
Eine Frau und ein Mann tragen gemeinsam ein Sofa.
Es ist kein Zeichen von Schwäche, Familie und Freund:innen um Hilfe zu bitten. Im Gegenteil. Sie werden dankbar sein, wenn du ihnen sagst, wie sie dir helfen können. (Foto: Pexels/ Blue Bird)

Was hilft bei Fatigue?

Wie auch den Krebs kannst du die Fatigue nicht vom einen auf den anderen Tag vertreiben. Unter dem Strich geht es darum, deine Beschwerden ins Leben zu integrieren. Wir sagen dir wie:

Sport ist Mord? Das gilt vielleicht für Extremsport. Aber hier, unter uns Krebspatient:innen wollen wir die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern. Das geht am besten mit moderatem Fitnesstraining. Leichter Ausdauersport also. Regelmäßige Bewegung aktiviert den Kreislauf, erhöht die Fitness, stärkt deine Muskeln, kann gegen depressive Verstimmungen und Schmerzen wirken und steigert die Wirksamkeit von Chemotherapien.

Klar, jetzt wirst du vielleicht denken: Warum sollte ich einen geregelten Tagesablauf haben, wenn ich doch im Krankenstand bin? Oder: Ich habe doch sowieso Krebs, da brauch ich keinen Alltag. Tja, so einfach ist es nicht. Routinen können helfen, dem Kontrollverlust der Krebsdiagnose entgegenzuwirken. Feste Zeiten für Mahlzeiten, Ruhe und Aktivität können Struktur und Halt geben. Für viele Betroffene ist das wohltuend.

Egal ob progressive Muskelentspannung (PMR), Yoga, Pilates, autogenes Training, Meditation, Atembeobachtung, Imaginationsrei-sen, Body Scan, Qigong, Tai-Chi, Akupunktur, Akupressur, EFT-Klopftechnik (Emotional Freedom Technique), Osteopathie, ob du zum Schreien in den Wald gehst oder dich zum Weinen in den Keller verkriechst: Alles, was löst und entspannt, hilft. Aber Moment. Damit meinen wir aber nicht Bier und Wein oder „süße“ Zigaretten. Entspannung sollte giftfrei sein.

Immer wirst du von uns Wörter mit Psy- am Anfang lesen. Weils hilft! Auch bei Fatigue helfen psychoonkologische Betreuung und gezielte Psychotherapie (zum Beispiel Verhaltenstherapie). Im Einzel- oder Gruppengespräch findest du Impulse, um den Krebs in dein Leben zu integrieren, kontraproduktive Verhaltensmuster aufzudecken und einen neuen Umgang mit der Situation und den Beschwerden zu finden. Suche dir eine:n professionelle:n Therapeut:in mit genügend Erfahrung bei Krebserkrankungen.

Und jetzt, tadaa, die zusammengedampfte Essenz aller Zaubermittelchen gegen Fatigue. Wir präsentieren unsere Checkliste für den kurvenkratzerischen Umgang mit dem Fatigue-Syndrom:

Checkliste: So machst du die Fatigue müde

  • Körperliche Bewegung hilft auf allen Ebenen
  • Mit Entspannungsverfahren der Fatigue den Saft aussaugen
  • Tägliche Routinen geben Struktur und Halt
  • Unnötige Aufgaben an deine Liebsten abgeben
  • Phasen der Ruhe und Aktivität ausbalancieren
  • Ein Fatigue-Tagebuch zur Selbstreflexion führen
  • Musiktherapie: Musik als Medizin nutzen
  • Sozialer Austausch belebt und inspiriert
  • Tipps in Selbsthilfegruppen suchen
  • Starte mit Psychoonkologie oder Psychotherapie
  • Sleep well, sleep tight. Für Schlafhygiene sorgen
  • Und immer daran denken: Tu dir Gutes!
Zwei Frauen blicken Kopf an Kopf direkt in die Kamera.
Seien wir uns ehrlich: Es ist verständlich, wenn Krebspatient:innen müde sind. Krebsdiagnose, Therapie und das ganze Drama rundherum laugen aus. Akzeptieren wir das. (Foto: Pexels/Angela Roma)

Mach der Müdigkeit Beine

Jetzt gibt es keine Ausrede mehr. Wenn dir das nächste Mal jemand nicht glaubt, dass deine Müdigkeit von hier bis zur riesigsten Pinguinkolonie in der Antarktis reicht, dann sende jener Person einfach diesen Artikel – mit lieben Grüßen von uns Kurvenkratzern. Ja, Fatigue nervt, ist ärgerlich, und einfach nur vollkommen unnötig, aber der beste Umgang mit ihr ist, wie der mit Krebs: ins Leben integrieren. So, go for it!

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Quellen:

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Pexels/Andres Ayrton

Hier geht’s zu allen Kurvenkratzer-Checklisten

Über die Serie

Eine Krebsdiagnose schlägt wie ein riesiger Meteorit in das Leben von Betroffenen und Angehörigen ein. Wer damit konfrontiert wird, weiß im ersten Moment nicht, wie mit der neuen Situation umzugehen ist. Das ist komplett normal. Bisher schien alles so toll in geradlinigen Bahnen zu verlaufen. Nun sind vom einen auf den anderen Tag die Prioritäten total verschoben.

Kurvenkratzer reicht dir mit dieser Checklisten-Serie Tipps für die Bewältigung des Schocks. Wir haben praxiserprobte Hilfestellungen für die häufigsten Situationen während einer Krebserkrankung für dich auf Lager – vom medizinischen Gespräch bei der Diagnosestellung bis zum Reha-Aufenthalt in der Nachsorgephase. Und wir geben Impulse, wie dir ein achtsamer Umgang mit der Erkrankung gelingt.

Bitte beachte: Krebs ist höchst individuell. Die auf diesen Seiten enthaltenen Informationen stellen keine verbindliche und vollumfängliche medizinische Auskunft dar. Bitte berate dich betreffend deiner Therapieentscheidung jedenfalls mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. Kurvenkratzer übernimmt keine Haftung für Fehlbehandlungen.

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