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So cool wird das Gesundheitswesen von morgen
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Unser Gesundheitswesen wird femme-tech-tastisch

BOOM. Stolprige Landung für das Gesundheitswesen während seiner Zukunftsreise. In diesem Universum steht FemTech im Rampenlicht und stellt die weibliche Gesundheit auf den Kopf. Lisa Falco, FemTech-Expertin, erklärt, warum der Hormonzyklus uns alle betrifft.

„Früher waren viele Informationen über den weiblichen Körper ein Privileg der Ärzt:innen“, so Falco. Heute bringen Technologie und Apps dieses Wissen direkt zu den Frauen. Kombiniert mit Labortests können wir viel mehr über unsere eigene Gesundheit erfahren. „Dieses Verständnis für den eigenen Körper durch Information und Technologie ist das, was wir heute sehen.“ 

sw Foto Frau mit Fernglas mit 2 Kindern
Früher war es als Frau nicht einfach, Informationen über den eigenen Körper zu finden. (Foto: Pexels/Romario Art)

Spielen die Hormone schon wieder verrückt? 

Auch Lisa Falco hatte anfangs Zweifel, ob FemTech wirklich der Weg nach vorn ist. Als sie die Gründer:innen eines Start-ups traf, die von ihrer Vision erzählten, ein Wearable zu entwickeln, das den weiblichen Zyklus versteht, war sie nicht gleich überzeugt. “Zuerst hielt ich das für Hippie-Dippie. Aber als ich sah, dass die Einflüsse der Hormone wirklich messbar sind – auf das Herz, die Körpertemperatur, einfach alles, fing ich an, es ernst zu nehmen.“ 

Die Einflüsse auf unser Gehirn, unseren Stoffwechsel, sogar auf unsere Augen und Stimme – Hormone haben wirklich einen tiefgreifenden Einfluss auf fast alles in unserem Körper.
Lisa Falco
FemTech-Expertin

Mehr als nur Schwangerschaft

FemTech ist nicht nur für Menschen mit Kinderwunsch relevant. Hormone beeinflussen alles. „Zum Beispiel gibt es Tests, die Menstruationsblut auswerten und verschiedene Biomarker analysieren“, erklärt Falco. „Es gibt viele interessante Erkenntnisse, die man aus Menstruationsblut gewinnen kann – bis zu vaginalen Mikrobiomen.“

Auch der Progesteronspiegel wird zunehmend genauer untersucht, um den Eisprung besser zu verstehen. „Das ist nicht nur für die Fruchtbarkeit wichtig, sondern auch für die allgemeine Gesundheit. Ein ausgeglichener Progesteronspiegel schützt das Herz, das Gehirn und die Knochen. Es ist daher sehr wichtig zu wissen, ob und wann man den Eisprung hat.“

Die Zukunft ist weiblich, schmerzfrei und gerechter

Die gesammelten Daten in der noch sehr jungen Forschung können in Zukunft genutzt werden, um Vorhersagen zu treffen. „Die Hoffnung ist, dass diese Vorhersagen zu einer personalisierten Prävention führen“, so Falco. „Heute ist Prävention noch sehr breit angelegt, aber die Zukunft liegt darin, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie überhaupt entstehen, sodass wir viel länger in guter Gesundheit leben können.“

Natürlich hat sich die Künstliche Intelligenz auch hier nicht unbemerkt eingeschlichen. „In Europa haben wir Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Aber es gibt viele andere Orte, wo das nicht so ist“, sagt Falco. Und genau da ist KI die Geheimwaffe.

Auge in Steampunkgebilde
Die KI als Multitalent wird auch im medizinischen Bereich für Aufsehen sorgen. (Bild: ai_generated, Pixabay/PixxlTeufel)

Die Herausforderungen sind allerdings auch in Europa angesiedelt: „Wir haben das Problem, dass Gesundheitsversorgung immer teurer wird. Wenn wir mehr automatisieren und durch KI kostengünstiger gestalten können, erhöhen wir auch den Zugang zu diesen Technologien – nicht nur hier, sondern auch in Ländern mit geringeren Ressourcen.“

Angst davor, dass Menschen ersetzt werden, musst man nicht haben. Lisa Falco meint: „Es wird immer Situationen geben, in denen KI nicht die richtige Lösung ist. KI wird nie einen Arzt oder eine Ärztin ersetzen, aber Ärzt:innen, die KI verwenden, werden jene ersetzen, die es nicht tun.“

Emanzipation durch FemTech

Für Lisa ist es schwierig einzuschätzen, wo wir in zehn Jahren stehen. Sie ist aber überzeugt davon, dass der richtige Weg auf dem Pfad der Zukunft eingeschlagen wurde. Die Veränderung ist zu spüren, durch neu ausgebildete Ärzt:innen, die besser informiert sind. “Frauen werden viel mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheit haben.

Sie lassen sich nicht mehr überreden. Sie nehmen ihre eigenen Schmerzen wahr, weil sie ihr Empfinden besser einschätzen können. Und sie finden selbst, dass sie es verdienen, ernst genommen zu werden. Und ich glaube, das ist wirklich der größte Schritt vorwärts.“

Besser hätten wir das nicht formulieren können. Wo genau die Zukunft des Gesundheitswesens hingeht, wissen wir nicht. Aber Lisas Einblicke stimmen uns vorfreudig und wir können es kaum abwarten mit unseren Raketenschuhen zum nächsten Universum zu reisen.

Wir haben gelernt, dass…

  • FemTech die Gesundheitsversorgung für Frauen revolutioniert.
  • Der weibliche Zyklus und seine Auswirkungen endlich ernst genommen werden.
  • Die Technologie nicht nur für Frauen mit Kinderwunsch relevant ist, sondern für alle, die ihre Gesundheit besser verstehen und kontrollieren möchten.
  • Die Integration von KI und personalisierter Prävention die Zukunft der Frauengesundheit noch verbessern könnte.

Quellen und Links:

Titelbild: Pixabay/Makamuki

Über die Serie

Stell dir vor, das Gesundheitswesen ist ein echtes Wesen. Es atmet, isst, trinkt, verdaut, fühlt. Und wenn es lange überlastet ist, funktioniert es nicht mehr wie sonst. In dieser Serie passiert genau das: Das Gesundheitswesen erleidet ein Burnout und muss eine Auszeit nehmen. „Den Auslösern auf den Grund gehen“, wie die Psychologin sagt.

In 20 Tagebucheinträgen beschäftigt es sich mit sich selbst – und deckt nach und nach Probleme, Erfolge und Möglichkeiten auf. Dazu spricht das Gesundheitswesen mit allerlei Fachleuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz übers Bettenfahrern, die Pflegekrise oder Themen wie Föderalismus und Digitalisierung. Am Ende entsteht ein Gesamtbild der aktuellen Herausforderungen im System.

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