Was besonders im Advent bei Polyneuropathie hilft
Nach einer Chemo sind kribbelnde, taube oder schmerzende Finger und Zehen häufig. Einfache Tätigkeiten wie Kochen und Backen können helfen. Kekse backen bei Neuropathie? Und wie!
„Menschen mit Polyneuropathie sollten nicht aufhören, die betroffenen Extremitäten einzusetzen. Je weniger Reize, desto weniger wichtig wird diese Extremität repräsentiert.“ Thauerböck motiviert Patient:innen, alles zu machen, was sie machen wollen. Es könne nicht viel falsch gemacht werden. „Allerdings könnte es gefährlich werden, wenn ein reduziertes Schmerzempfinden vorliegt. Betroffene sollten aufpassen, sich nicht an einer heißen Herdplatte zu verbrennen oder mit einem scharfen Messer zu schneiden. Hierbei ist eine erhöhte Auge-Hand-Kontrolle gefragt.“
Kipferlformen als Gegenmittel bei Neuropathie
Gerade zu Weihnachten könne die Feinmotorik der Hände gefördert werden. „Das Formen von Vanillekipferl braucht relativ viel Koordination, das beginnt schon beim Teigausrollen, der Kraftdosierung und dem richtigen Druck“, sagt Leopold Thauerböck. „Für die schönsten Kipferl muss man sich am meisten bemühen, die Hände sind bimanuell eingebunden, man muss feinmotorisch mit den Fingern entsprechend genau arbeiten.“ Es fördere die Sensibilität, sich darauf zu konzentrieren, wie stark das Kipferl gedreht und gebogen werden muss. Es brauche viel Feinabstimmung und Präzision. „Diese Prozesse laufen nicht bewusst ab, aber werden automatisch gefördert.“
Unsere Back-Empfehlung für superg’schmackige Vanillekipferl zum Nachmachen: Das supergeheime Vanillekipferl-Rezept von Katharina Karmels Oma
Aus therapeutischer Sicht sei wichtig, dass es sich um eine bedeutungsvolle Aktivität handeln kann, wenn jemand gerne kocht oder backt. „Das ist auf vielen Ebenen förderlich für die Genesung. Die Tätigkeit kann auch eine Auszeit von der Last bieten, die an Krebs erkrankte Menschen mit sich tragen“, sagt Thauerböck. Werde gemeinsam mit Familie oder Freund*innen gebacken, könnten sich Gespräche ergeben, die sonst nicht möglich wären. „Das führt zu einer Förderung der sozialkommunikativen Fähigkeiten, wirkt dem Kontrollverlust entgegen, dem an Krebs erkrankte Menschen gegenüberstehen und der partizipative Ansatz in der Gruppe kann bei erhöhtem Stresslevel beruhigend wirken.“
Polyneuropathie nach Chemotherapie
„Man weiß, dass sich Nerven regenerieren können, vor allem bei jüngeren Menschen“, sagt Thauerböck, „daher sollte man bei der Chemotherapie-induzierten peripheren Polyneuropathie (und wenn die Therapie beendet ist, Anm. der Red.) die eigenen Ressourcen fördern: Was kann ich noch alles trotz Neuropathie machen? Was will ich machen? Was macht mich glücklich? Was ist mir wichtig?“, seien fundamentale Fragen an sich selbst – alles in der wohlbegründeten Annahme, dass sich die Beschwerden wieder ausschleichen werden. „Gewisse Prozesse kann man nicht beschleunigen.“
Kurvenkratzer dankt Leopold Thauerböck für das Interview und die inhaltliche Prüfung dieses Artikels.
Leopold Thauerböck, BA, ist seit elf Jahren als Ergotherapeut tätig, zuerst im Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation der Klinik Hietzing des Wiener Gesundheitsverbunds, und seit zehn Jahren in der Neurologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien sowie in der freiberuflichen Praxis. Seine Fachbereiche sind Neurologie, Orthopädie und Geriatrie, und wenn erforderlich Onkologie.
Dies ist bei Zusatzerkrankungen, wie zum Beispiel neurologischen Beeinträchtigungen, nach Operationen wie Tumorentfernungen und zur Narbenbehandlung der Fall, wenn sich der Primärtumor oder die Metastasierung auf den Bewegungs- und Stützapparat auswirkt oder eine eingeschränkte Hirnleistung wie Gedächtnisdefizite, Aufmerksamkeitsdefiziten und Konzentrationsschwierigkeiten bestehen.
Thauerböck ist passionierter Musiker, derzeit aufgrund von Covid-19 leider ohne Auftritte, weshalb er zu Hause oder gemeinsam mit Freund*innen Klavier spielt und dazu singt. Seine Lieblingsbäckerei zu Weihnachten sind klassische Lebkuchen.
Links zum Thema
- Polyneuropathie bei Krebs verstehen (selpers, Gesundes Lernen)
- Neuropathie – Nervenschäden bei Krebs (ONKO-Internetportal)
- Wenn Füße und Hände kribbeln und schmerzen. Polyneuropathie durch Chemotherapie (Hamburger Krebsgesellschaft e.V.)
- Neuropathie bei Krebspatienten: Nervenschäden als Folge einer Tumorbehandlung (dkfz-Krebsinformationsdienst)
Mehr über Leopold Thauerböck
Titelfoto: Pexels/Karley Saagi
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