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Körperprozesse vor und nach dem Tod
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Was passiert wirklich, wenn wir sterben?

Sterben ist so sicher wie das Aufgehen der Sonne, doch was dabei im Körper und Geist wirklich passiert, bleibt oft im Dunkeln. Wir lüften das Geheimnis und trennen Fakten von Mythen.

Wann ist man denn jetzt „tot“? Eine Frage, die sich nicht so leicht beantworten lässt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der Körper auch nach dem letzten Atemzug noch eine ganze Weile beschäftigt ist. In der Medizin unterscheidet man traditionell drei Arten des Todes 

Disclaimer: Bevor wir über Nahtoderfahrungen sprechen, erklären wir noch, wie Tod definiert werden kann. Wenn dich das nicht interessiert, dann scrolle doch bis zur Überschrift Die letzten Sekunden” 

rote Kerze herzform und rosa Kerze hirnform
Die Wahl zwischen Herz und Hirn gibt es auch im Tod. Wir sagen: Höre immer auf das Herz... oder den fehlenden Herzschlag. (Foto: Pexels/DS Stories)
  • Somatischer Tod:

Somatisch bedeutet so viel wie körperlich. Also dann, wenn das Herz für immer Feierabend macht und das Blut nicht mehr durch den Körper gepumpt wird. Blutgerinnsel bilden sich, und die Schwerkraft zieht das Blut in die unteren Körperpartien.

Diese Ansammlung führt zu den dunkelroten oder lilafarbenen Verfärbungen, bekannt als Totenflecken, während die oberen Körperbereiche ihre Farbe verlieren und das frühe Stadium der Verwesung signalisieren. Diese Stufe markiert das Ende des zirkulatorischen Lebens. 

  • Hirntod:

Wie der Name schon sagt, erlöschen hier die Hirnströme, und die Synapsen im Gehirn tauschen keine Informationen mehr aus. Der Körper verliert die Fähigkeit, autonom zu funktionieren. Herz und Lungen können zwar künstlich in Betrieb gehalten werden, etwa um Organtransplantationen zu ermöglichen, doch das Bewusstsein hat sich unwiderruflich vertschüsst.

Der Hirntod wird oft als der „rechtliche Tod“ definiert, da das individuelle Bewusstsein, das uns zu Personen macht, nicht mehr existiert. 

  • Molekularer Tod:

Nach dem somatischen Tod beginnen die molekularen Prozesse, die den biologischen Zerfall des Körpers vorantreiben. Dieser Prozess beinhaltet das Ende aller Stoffwechselaktivitäten, einen weiteren Temperaturabfall und die Zersetzung durch körpereigene Mikroorganismen. 

Es ist übrigens ein Mythos, dass Haare und Nägel nach dem Tod weiterwachsen. Grund für diese gruselige Annahme ist, dass die Haut dehydriert und sich um einige Millimeter zusammenzieht. Dadurch wirken Haare und Nägel optisch länger. 

Die letzten Sekunden 

Die wohl größte Frage, die wir Menschen uns stellen, ist, was nach dem Tod passiert. Wenn das menschliche Gehirn dafür verantwortlich ist, wie wir denken, wie unser Körper funktioniert und wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen –  was geschieht dann, wenn wir sterben? Was empfinden wir, oder was sehen wir möglicherweise in unseren letzten Momenten? 

Die einfache Antwort ist, dass wir sehr wenig wissen. Keine:r ist je zurückgekehrt, um aus erster Hand zu berichten, wie das Sterben wirklich ist. Unsere einzige Informationsquelle sind jene Menschen, die dem Tod sehr nahe waren und wiederbelebt wurden 

Diese Überlebenden berichten oft von ähnlichen Erfahrungen, wie Lichterscheinungen, einem Gefühl des Friedens oder der Begegnung mit verstorbenen Angehörigen.

Lichtstrahlen durch Baumwipfel
So ein Licht sieht schon ganz schön episch aus. Oder doch gruselig? (Foto: Unsplash/Wonderlane)

Aber dann gibt es noch eine längere Antwort: Auch wenn es für uns unmöglich ist, zu wissen, wie der Tod aus der Perspektive des Gehirns aussieht, gibt es doch einige Orte, an denen wir uns ein Bild davon machen können, wie der Tod aussehen könnte 

Studien zu Nahtoderfahrungen bieten spannende Theorien. Viele Menschen, die klinisch tot waren und wiederbelebt wurden, berichten von ähnlich strukturierten Visionen und Empfindungen. Diese Berichte haben Wissenschaftler:innen und Philosoph:innen gleichermaßen dazu veranlasst, Theorien über mögliche neurologische Prozesse im Gehirn zu entwickeln, die solche Erfahrungen erklären könnten. 

Einzelfall oder spannende Entdeckung?  

Eine spannende Entdeckung liefert der Tod eines 87-jährigen Mannes, der an Epilepsie erkrankte. Um seine Anfälle zu überwachen, wurde er an die kontinuierliche Elektroenzephalographie (EEG) angesteckt. Dabei erlitt er einen Herzinfarkt und verstarb. Dadurch wurde es den Ärzt:innen ermöglicht, die elektrische Aktivität eines menschlichen Gehirns in den letzten Momenten aufzuzeichnen.  

Gebilde Kopf mit Haaren aus Pfeifenreiniger bunt
Unser Hirn ist auch nach dem Tod noch super beschäftigt. (Pexels/Tara Winstead)

Die Ärzt:innen konzentrierten sich auf die dreißig Sekunden vor und nach dem Aussetzen des Herzschlags. Dabei entdeckten sie Veränderungen in verschiedenen Bereichen der neuronalen Oszillationen. 

Neuronale Oszillationen sind der wissenschaftliche Begriff für das, was wir umgangssprachlich als „Gehirnwellen“ bezeichnen. Es handelt sich dabei um die Muster rhythmischer Aktivität, die in einem normal funktionierenden Gehirn vorhanden sind. 

Insbesondere Gamma-Wellen sind an höheren kognitiven Funktionen wie Träumen, dem Abrufen von Erinnerungen, der Verarbeitung von Informationen, der Konzentration und der bewussten Wahrnehmung beteiligt. Sie zeigen in den 30 Sekunden vor und nach dem Tod Aktivität auf. Spannend, oder? 

Noch interessanter wurde es, als dieses Gehirn Schwingungen erzeugte, die mit dem Abrufen von Erinnerungen verbunden sind. Das führte zur Spekulation, dass das Gehirn in seinen letzten Momenten wichtige Erinnerungen aus dem eigenen Leben abrufen und wiedergeben könnte. 

Das Highlight-Reel des Lebens 

Du kennst bestimmt das Sprichwort, dass uns das ganze Leben vor dem Tod noch einmal vor Augen geführt wird. Wenn wir optimistisch sind, könnte an diesem Spruch etwas Wahres dran sein. Denn die Reaktion im Gehirn des Mannes aus unserem Beispiel scheint kein Einzelfall zu sein.  

Weitere Studien mit Ratten und vier komatösen Patient:innen zeigen ähnliche Ergebnisse. Die sind aber mit Vorsicht zu genießen, denn sie beruhen auf relativ isolierten Fällen 

Collage Bilder
Es gibt sooo viele schöne Erinnerungen, die uns in unseren letzten Momenten begleiten könnten. Es ist die ultimative Lebensdiashow. (Pexels/Brett Sayles)

Wir finden den Gedanken jedoch schön, dass uns – und unseren Liebsten – in den letzten Lebenssekunden noch einmal die schönsten Momente durch den Kopf gehen. Es bietet einen gewissen Trost und nimmt ein Stück weit die Angst vor dem Unbekannten.  

Und egal, wie der Tod letztendlich aussieht, am Ende sind wir alle Teil der Natur. Und wer weiß, vielleicht blühen wir auch wieder auf wie die Blüten im Frühling. Oder suchen unsere liebsten Bars aus der Jugend heim.

Quellen und Links: 

Titelbild: Unsplash/Ta Z

Über die Serie

Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.

Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.

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