
Was Patient:innen über pflegende Angehörige wissen sollten
Ohne pflegende Angehörige wäre das Leben als Krebspatient:in noch schwerer als es eh schon ist. Doch oft bleiben ihre Sorgen, Belastungen und Bedürfnisse unsichtbar. Wir wollen dir helfen, die Perspektive deiner Angehörigen besser zu verstehen.
Auf dieser Seite zeigen wir dir, wie Entlastung und Kommunikation dir und deinen pflegenden Angehörigen das Leben erleichtern.
Lagere aus
Um Platz zu garantieren, solltest du, wenn möglich, dafür sorgen, dass die gesamte Pflegeverantwortung nicht einer einzelnen Person anhaftet. Auslagern bedeutet, mehrere Leute ins Spiel zu bringen – und so die Hauptpflegeperson zu entlasten. Das könnte eine andere Person aus der Familie sein, oder die sogenannte “Verhinderungspflege”. In der Quellenbox findest du weitere Infos und Ressourcen dazu.
Außerdem kannst du dank der unterschiedlichen Helferlein Zeit mit mehreren Lieben verbringen, die alle jeweils unterschiedliche Stärken haben und dir auf verschiedenste Weisen helfen können.
Verhinderungspflege
Die Verhinderungspflege – oder auch „Ersatzpflege“ – ist quasi die Vertretung im Pflege-Klassenzimmer. Sie springt ein, wenn die Hauptpflegeperson mal ausfällt, sei es wegen Krankheit, Urlaub oder weil das Leben mit Überstunden um die Ecke kommt. Ein echter Joker im Pflegealltag!
Die Ersatzpflege ist flexibel: Sie kann stundenweise, tageweise oder gleich wochenweise einspringen. Die Pflegekasse übernimmt in Deutschland die Kosten. Auch in Österreich kannst du, je nach Pflegegrad, Unterstützung ansuchen. Mehr Infos findest du in der Quellenbox am Ende des Artikels.
Konflikte auf neutralem Grund
Auch Angehörige von Betroffenen können sich in Therapie begeben. Sollte die Begegnung zwischen dir und deiner pflegenden Person nämlich sehr schwierig sein, weil du z. B. gerade eine schlechte Phase hast und abbaust, gibt es die Möglichkeit, neutralen Einfluss von außen reinzulassen.
Gemeinsame Therapiesitzungen, Selbsthilfegruppen für Angehörige, oder eben auch Pflege durch jemand ganz anderen können dabei helfen, wieder Raum frei zu machen – für schönere Momente zwischen dir und deiner Hauptpflegeperson.
Offene Kommunikation
Kein Mensch kann Gedanken lesen (außer die Tarot-Dame auf Astro TV). Erwarte nicht, dass deine Angehörigen immer sofort wissen, was du dir wünschst. Stattdessen: Schaffe eine Atmosphäre, in der beide Seiten über ihre Gefühle und veränderten Bedürfnisse sprechen können und sag ganz klar, was du brauchst. So nimmst du Missverständnissen den Nährboden.

Eine gute Faustregel ist es, keine Scheinheiligkeit an den Tag zu legen, sondern echte Begegnung zuzulassen. Sprich über mehr als nur die Krankheit und trau dich, in die Tiefe zu gehen. Denn das, was vor dir und deinen pflegenden Angehörigen steht, ist nichts Geringeres als die Frage des Lebens selbst.
Weint gemeinsam, macht euch eure Liebe bewusst. Ach, und eine gesunde Prise Galgenhumor nicht vergessen! Das sind, unserer Meinung nach, die Zutaten liebevoller Kommunikation in dieser aufgeheizten Lage.
Vorwürfe sind jetzt ein großes No-No
Anschuldigungen sind der absolute Killer jeder gesunden Gesprächsführung. Weder in Selbstgesprächen noch in Gesprächen mit deinen Angehörigen bringen sie etwas. Wer braucht schon ein kritisierendes Auge oder übermäßige Negativität in diesem eh schon verdammt beschissenen Moment im Leben?
Tipp: Ich-Botschaften
Über heikle Themen in Ich-Botschaften zu sprechen, kann Wunder wirken. Mit beidseitigem Verständnis für die Innerlichkeiten der anderen Person, kann oft eine bessere Lösung gefunden werden, als aus dem Affekt oder einer Negativ-Emotion heraus.
Findet gemeinsam neue Zweibahnstraßen
Angehörige möchten da sein, Wünsche erfüllen, nicht in Fettnäpfchen treten und weder zu wenig noch zu viel Anteilnahme zeigen. Ein Drahtseilakt sondergleichen, in dem du ein wenig Stabilität beisteuern kannst.
Lerne gemeinsam mit deinen pflegenden Angehörigen, die tiefsten Ängste und Wünsche in Worte zu fassen. So erleichtert ihr euch den Umgang mit der Situation und dem Thema gewaltig. Noch besser – es kann eine Menge gewonnen werden und sogar noch Aufarbeitung stattfinden.
Und wer weiß? Vielleicht erlebt ihr die Zeit, so belastend oder langwierig sie auch sonst sein mag, schlussendlich als wertvoll und intensiv. Gib nicht auf, Zwischenmenschlichkeit als Geschenk anzunehmen!

Du weißt jetzt:
- Sorge dafür, dass deine Angehörigen für sich selbst sorgen können.
- Sprich nie in Vorwürfen.
- Lasse echte Begegnung zu.
- Lerne die Grenzen deiner Angehörigen kennen und respektiere sie.
- Wenn nichts mehr geht, lagere aus.
Quellen zum Weiterlesen:
- Das Zentrum für Qualität in der Pflege stellt weitere Tipps, Broschüren und Impulse zur Verfügung.
- Der Verein für Pflegende Angehörige sorgt für Vernetzung und Beratung unter pflegenden Angehörigen.
- Beim Österreichischen Sozialministeriumservice findest du Infos zu psychologischer und finanzieller Unterstützung.
- Das deutsche Gesundheitsministerium bietet ebenjene Infos zu Geld und Entlastung hier an.
- Auf Pflege.de erfährst du alles über die Verhinderungspflege in Deutschland.
- Pflege.gv.at ist das österreichische Equivalent, bei dem du alles zur Ersatzpflege nachlesen kannst.
Titelbild: Unsplash/Walid Hamadeh
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Über die Serie
Du bist Angehörige:r, Freund:in oder Bekannte:r einer Person mit Krebs? Dann gratulieren wir dir herzlich – denn jetzt dreht sich alles mal um DICH! Heute bist DU das Kind an einem Tisch voller Erwachsenen. Mittelpunkt Numero uno und das Augenmerk unserer neuen Serie. Denn Pflegende sind oft die heimlichen Held:innen. Wir geben ihnen eine Bühne, lassen sie zu Wort kommen und teilen ihre Geschichten: von Sorgen, Überforderung, Tabus, Reality-Checks – bis hin zu den kleinen und großen Erfolgen in der Pflege.
Aber wo endet Hilfe, wo beginnt Bevormundung? Wie schaffst du es, dich selbst nicht zu verlieren? Diese Serie ist dein Rettungsring im Chaos des Pflegealltags – für dich und alle anderen, die sonst meist unsichtbar bleiben. Jetzt werden Rollen getauscht.