Trotzdem fein speisen
In unserer Miniserie „3 mal 3 zu Weihnachten“ erzählen uns drei an Krebs erkrankte Menschen über das Fest der Liebe. Heute ist Don an der Reihe – und sein Festtagsmenü sieht etwas anders aus.
Wie war das erste Weihnachten nach der Diagnose für dich? Feierst du Weihnachten seit deiner Krebserkrankung anders? Was wünschst du dir selbst zu Weihnachten? Diese drei Fragen stellen wir im Advent drei von Krebs betroffenen Menschen. Sie erzählen uns, was Weihnachten für sie bedeutet, wie die Erkrankung ihr Leben verändert hat und was sie bewegt.
Don ist 56 Jahre alt, lebt in Köln und ist Polizeibeamter. 2015 erkrankte er an Zungengrundkrebs. Ein Teil der Zunge wurde herausoperiert und dabei ein Nerv beschädigt, weshalb die rechte Seite seitdem gelähmt und verkümmert ist. Der Hals wurde beidseitig aufgeschnitten und die Lymphknoten wurden entfernt. Es folgte eine achtwöchige Radiochemotherapie. Don hat keinen Speichel mehr. Die Bestrahlung hat Faszien, Sehnen und Schleimhäute schwer geschädigt. Er ist krebsfrei und lässt sich regelmäßig untersuchen, weil das Risiko einer Metastasierung in die Lunge hoch ist. Trotz Schwerbehinderung arbeitet er weiterhin als Polizist im Außendienst.
Wie war das erste Weihnachten nach der Diagnose?
„Das war ziemlich ungewöhnlich. Ich fing wieder langsam an, unter Leute zu gehen. Eine Zeitlang hatte ich mich wegen der Probleme im Hals- und Mundbereich zuhause zurückgezogen. Ich musste sogar wieder Sprechen lernen. Essen war zu diesem Zeitpunkt noch sehr schwierig, ich konnte nur Flüssigkost zu mir nehmen. Kurz vor den Feiertagen hatte ich begonnen, mich von der Astronautenkost zu trennen und habe Weihnachten bei meiner Tante gefeiert, mit Cousine und Cousin. Übrigens habe ich in meinem Leben Weihnachten nie immer gleich gefeiert. Es war immer unterschiedlich – einmal mit Freunden, dann mit Familie, manchmal hab ich gearbeitet. Eigentlich kam es sehr oft vor, dass ich Dienst hatte.“
„In dem Jahr war es also ein gemütliches Beisammensein mit der Familie, allerdings ohne Teilhabe des Essens. Der Unterschied war: Sie hatten ein schönes Fondue und ich ein Süppchen – eine kleine, gebundene Suppe. Mehr ging nicht. Daran musste ich mich gewöhnen. Ich konnte nicht essen, was die anderen aßen. Um den Hunger zu stillen, hab ich zusätzlich Flüssignahrung getrunken. Damals habe ich ziemlich damit gehadert, dass es mit der Ernährung nicht so klappt. Das war ein Prozess, dem ich unterlegen bin, bis ich mich daran gewöhnt habe. Das dauerte eine Zeit. Heute weiß ich, dass ich nicht mehr alles essen kann. Es gehört zu meinem Leben dazu. Aber ansonsten war das Weihnachtsfest wie immer – es war trotzdem schön. Ich habe in der Erinnerung recht positive Gedanken daran.“
Feierst du Weihnachten, abgesehen von den Einschränkungen beim Essen, seit deiner Krebserkrankung anders?
„Mittlerweile nicht mehr. Ich hab wieder relative Normalität in mein Leben gebracht. Außer eben beim Essen. Das hindert mich aber nicht daran, in Gemeinschaft zu sein. In den vergangenen beiden Jahren sind wir im Chinarestaurant gewesen. Abgesehen davon, dass du dann den Spülkram zuhause nicht hast (lacht), gibt es dort ein Buffet. Und da finde ich immer irgendetwas, mit viel Sauce und Reis kann ich mir das genau so zusammenstellen, wie ich es für meine Schluckprobleme brauche.“
Dysphagie bezeichnet Schluckstörungen, die im Zusammenhang mit unterschiedlichen Erkrankungen auftreten können, zum Beispiel in Folge eines Schlaganfalls. Bei Zungenkrebs kommt es durch die Therapie häufig zu massiven und lebenslangen Störungen des Schluckaktes.
„Dieses Jahr ist das leider wegen der geschlossenen Restaurants nicht möglich, aber ich verbringe Weihnachten mittlerweile wieder so wie vor der Erkrankung – wenn ich nicht arbeite –, mit den Menschen, die ich gerne um mich herum habe. Ich esse mittlerweile auch wieder einigermaßen normal. Natürlich weichere Sachen. Hin und wieder ist aber auch mal ein kleines Stückchen Fleisch dabei, nur nicht so viel. Das passt schon.“
Was wünschst du dir selbst zu Weihnachten?
„Das ist eine schwierige Frage. Je älter ich werde, desto weniger Reiz haben materielle Dinge. Außerdem steht im Vordergrund die Gesundheit, und jene der Menschen, die ich liebe. Das liegt mir sehr am Herzen. Und Frieden natürlich, mit mir selbst und meiner Seele, und den Menschen, die mich umgeben. Und Zufriedenheit. Wenn ich das haben darf, bin ich schon sehr glücklich. Ein Dach über dem Kopf, etwas zum Essen, Arbeit und Gesundheit, das reicht mir völlig aus.“
Links zum Thema
- HNO-Tumoren: Zungenkrebs (Gesundheit.gv.at)
- Schluckstörung (Dysphagie): Ursachen & Symptome (Gesundheit.gv.at)
- Wie man trotz Schluckstörungen gut essen kann (selpers)
Mehr über Dirk „Don“ Rohde
Rezeptideen (unbezahlte Werbung)
- Barrierefreie Rezepte bei Schluckbeschwerden und Dysphagie passend für Weihnachten (Geschmeidige Köstlichkeiten)
Titelfoto: Unsplash/Libby Penner