Wie hat die Armutsfalle Krebs deine Selbstständigkeit beeinflusst, Karsta Fritsche?
Eine Doppelbelastung aus Erkrankung und Geldproblemen. Ja, ist so beschissen, wie sich‘s anhört. Als selbstständige Unternehmerin? Noch bescheidener. Davon kann auch Karsta Fritsche ein Lied singen. Wie ihre Lungenkrebsdiagnose ihre damalige finanzielle Situation beeinflusst hat.
Wie bist du mit dieser Herausforderung umgegangen?
Damals ging ich folgendermaßen damit um: Ich rief sofort meinen neuen Versicherungsvertreter an. Seine Vorgängerin wurde in den Jahren der Zusammenarbeit fast zu einer Freundin, zu dem Zeitpunkt ging sie in ihren wohlverdienten Ruhestand. Ihr habe ich meine finanzielle Absicherung zu verdanken. Sie verdeutlichte mir immer wieder die Vorzüge und Vorteile.
Wir arbeiteten meine Versicherungen durch, wobei herauskam, dass ich nicht nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung hatte, sondern eine zweite, die mir zusätzlich zustand. Ich bekam sogar eine Nachzahlung von Krankheitsbeginn an. Zwar musste ich viel Papierkrieg über mich ergehen lassen – Handwerker:innen beschäftigen sich in der Regel nicht so gern mit Schreibkram, wir möchten eben immer etwas „schaffen“.
Am Ende stand ich aber mit zwei relativ ansehnlichen Berufsunfähigkeitsrenten und einer Fortzahlung meiner Kapitallebensversicherungen da. Als Überbrückung hatte ich eine Krankentagegeldversicherung.
Selbstverständlich mussten wir etwas umstellen: Wir haben uns entschieden, nur noch ein Auto zu nutzen, leben auf dem Land und machen keine großen Urlaube. Unsere Heimat ist einfach wunderschön. Wir haben Abonnements und Zeitungen gekündigt, da die digitale Welt viele kostenlose Alternativen bietet.
Den allgemeinen Konsumwahn habe ich hinter mir gelassen, denn es gibt einfach viel Wichtigeres im Leben als materielle Dinge. Viele kostspielige Hobbys haben wir aufgegeben, stattdessen haben wir intensivere Aktivitäten für uns entdeckt. Am Ende haben wir positive Lebensumstände erreicht.
Nach fast fünf Jahren lebe ich immer noch im „stable disease“-Zustand, also einem stabilen Gesundheitszustand, und kann mein Leben voll und ganz genießen.
Was hast du gelernt und kannst du an andere Betroffene weitergeben?
- Mein Fazit lautet: In selbstständigen Berufen sind Krankentagegeld und Berufsunfähigkeitsversicherung unverzichtbar. Es gibt auch andere Gründe, warum man nicht arbeitsfähig sein könnte. Daher ist es unbedingt ratsam, in diese Absicherungen zu investieren. Nach Forschungsergebnissen erkrankt im Laufe seines Lebens jeder zweite bis dritte Mensch mindestens einmal an Krebs. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Leistungszahlungen aus den Versicherungsverträgen mit den individuellen Lebensumständen in Einklang stehen. Einkommen und Versicherungsleistungen sollten relativ nah beieinander liegen, um ein Finanzloch zu vermeiden. Eine sorgfältige Beratung sowie der Vergleich der Leistungen verschiedener Anbieter sind von entscheidender Bedeutung.
- Natürlich haben einige Menschen, die mit der Diagnose Krebs konfrontiert sind, möglicherweise keine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Allerdings überleben viele diese Diagnose und können sogar geheilt werden. Selbst in solchen Fällen gibt es Optionen, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, wenn auch mit gewissen Ausschlüssen, die auf der Grundlage der Gesundheitsprüfung festgelegt werden.
- Ruhe bewahren. Viele Ängste lösen sich in Luft auf!
- Unterstützung gibt es beim Krebsinformationsdienst und bei den jeweiligen Beratungsstellen der Länder.
Weiterführende Links:
- Die Deutsche Krebshilfe hat einen Härtefonds eingerichtet. Dort können Betroffene kurzfristig Hilfe beantragen, wenn sie in finanzielle Turbulenzen geraten.
- Die Österreichische Krebshilfe ist in der Alpenrepublik wichtige Anlaufstelle für Betroffene.
Titelbild: Privat
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Über die Serie
Jeder Mensch hat zwei Leben. Das zweite beginnt dann, wenn du realisierst, dass du nur ein Leben hast, und die Welt sich anders anfühlt. Durch den massiven Eingriff von Krebs & Co findet ein Sinneswandel statt. Falls dein Lebensweg bisher an Sinn vermissen ließ, wird das im Angesicht der Endlichkeit furchtbar klar.
Die Sinneswandel-Serie beschäftigt mit der Vielfalt an Bewältigungsstrategien, die Krebspatient:innen entwickeln, um mit all den weitreichenden Veränderungen umzugehen. Coping ist eine Kunst, und Kunst sensibilisiert die Sinne. Durch unsere Community wissen wir: Manche haben besonders kreative und authentische Ansätze gefunden. Sie haben inspirierende Geschichten gelebt, Prüfungen bestanden, schwere Entscheidungen getroffen – und wir entnehmen die Essenz dieser Lebenswege und gießen sie in tieftauchende Porträts.