7 min
Patient Advocate des Monats
7 min

Wie setzt du dich für bessere Behandlung in Europa ein, Carina?

Als ehemalige Krebspatientin kennt Carina Schneider die Herausforderungen des Überlebens. Heute will sie andere auf ihrem Weg unterstützen. Finde heraus, wie ihre persönliche Odyssee sie zu einer furchtlosen Verfechterin für Verbesserungen in der Kinderonkologie in ganz Europa gemacht hat.

Welche Rolle spielt Patient Advocacy in deinem Land?

Ich bin in erster Linie eher auf EU-Ebene tätig, statt auf Landesebene. Die Rolle der Patient Advocacy im Europäischen Kontext bedeutet, Interessensvertretung für unsere Mitgliedsorganisationen zu sein und auf EU-Ebene Hebel in Bewegung zu setzen, um nationale Veränderungen zu bewirken. Über Patient Advocacy verfolgen wir das Ziel, die in Europa immer noch bestehenden Lücken und Ungleichheiten im Zugang zu Forschung und Innovation, Diagnose, Behandlung und Versorgung zu reduzierenund langfristig zu schließen. 

Dafür ist es essenziell, in direktem, engem und regelmäßigem Austausch mit den Patient:innen-Vertreter:innen unserer Mitgliedsorganisationen zu stehen, um über aktuelle Entwicklungen in den einzelnen Ländern informiert zu sein.  

Pa Des Monats Carina bei dem Workshop InlfuCancer 2024 (Foto: Kurvenkratzer)
Carina Schneider als Vortagende bei der InfluCancer 2024. (Foto: Kurvenkratzer)

Und zu verstehen, mit welchen Herausforderungen unsere Mitglieder konfrontiert sind und um gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie wir diese angehen können. Und das von zwei Seiten: Wir auf EU-Ebene und unsere Mitglieder auf ihrer jeweiligen nationalen Ebene 

Insgesamt denke ich, dass wir Patient:innenvertreter:innen immer ein bisschen der Stachel im System sind, der nötig ist, um Veränderungen anzustoßen und zugleich auch eine Brücke zu schlagen. Eine Brücke zwischen den individuellen Patient:innen mit ihren Bedürfnissen und den gesundheitspolitischen Entscheidungsträger:innen, in deren Handlungsspielraum es liegt, die nötigen Veränderungen umzusetzen. 

„Was mir Hoffnung gibt? Dass da draußen in dieser Welt so viele großartige, innovative, engagierte und inspirierende Menschen sind, die miteinander etwas verändern und bewegen wollen – und dass man dadurch nie allein ist.“
Carina Schneider
Patient Advocate

Wie änderst du das System?

Mit einem Mix aus Hartnäckigkeit, Diplomatie, echt viel Geduld und ernst gemeintem Verständnis für das Gegenüber. Und manchmal muss man auch mit dem Finger genau da draufdrücken, wo’s wehtut, damit sich was bewegt. 

Und dieser Mix geht nur gemeinsam mit einem Netzwerk, einem Team von Verbündeten, die hinter einer stehen und umgekehrt. Die einem Kontra geben, an denen man unterschiedliche Herangehensweisen testen und diskutieren kann, mit denen man sich austauschen kann, und mit denen man lernen kann.  

Stell dir vor: Du hast dein Ziel erreicht! Wie sieht die Welt jetzt aus?   

Hui, was für eine große Frage! Dann würden, glaube ich, ganz viele Personen aus unserem Feld für ein paar Wochen so richtig auf Urlaub fahren 

Ich denke, die Welt wäre dann auch eine solidarischere. Denn in einer Welt, in der kein Kind mehr an Krebs stirbt; in der die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ihre Behandlungen lange hinter sich haben, keine psychosozialen oder körperlichen Spätfolgen haben; in der Eltern und Familienangehörige sich nicht mehr aufgrund der Krebsdiagnose und deren Folgen sorgen müssen in so einer Welt haben auch alle Betroffenen gleichermaßen Zugang zur nötigen Früherkennung, Behandlung und Versorgung. Und davon sind wir leider aktuell noch ein ziemliches Stück entfernt.

Insofern muss Fidji noch ein Weilchen warten. 

Weiterführende Links:

Titelbild: Carina Schneider

Über die Serie

Stell dir vor, du hast kein Wahlrecht. Du lebst zwar in einem modernen Staat, doch es gibt niemanden, der oder die deine Interessen vertritt. Sobald du bei Entscheidungen mitreden willst, heißt es: Sorry, das geht nicht. Du bist ja kein:e Expert:in.

So ähnlich könnte man den aktuellen Zustand der Patient:innenvertretung beschreiben. Okay, das Gesundheitssystem ist natürlich keine Diktatur. Tatsache ist aber, dass Patient:innen in vielen Ländern bei wesentlichen Entscheidungen kaum mitbestimmen können.

Genau darum geht es in “Mit uns statt über uns”. In unserer Serie machen wir erfahrbar, warum es dringend mehr anerkannte, professionelle Patient:innenvertretungen braucht. Wir greifen das Thema in aller Tiefe auf. Zeigen Beispiele, blicken in andere Länder, entlarven die Einwände, sprechen über Vorteile und schlagen vor, wie ein Paradigmenwechsel funktionieren könnte.

Mit  dieser Serie verbinden wir zwei Leidenschaften. Wir sind ein Magazin, arbeiten journalistisch und fühlen uns ausgewogener Berichterstattung verpflichtet. Wir sind aber auch Teil von euch, unserer Patient:innencommunity, und wollen mehr Mitsprache. Wir nehmen uns nichts Geringeres vor, als beides zu erreichen.

Jetzt teilen