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Patient Advocate des Monats
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Wie setzt du dich gegen Ungerechtigkeit ein, Oriana?

Oriana ist leidenschaftliche Patient Advocate. Die gebürtige Portugiesin hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Rechte von Patient:innen zu verbessern, nachdem sie die Probleme am eigenen Leib erfährt. Wie sie anderen hilft und was sie bewegt.

Was Oriana de Sousa schon immer frustriert hat, ist Ungerechtigkeit in all ihren Formen. „Meine Mutter hat immer gesagt, dass ich seit meiner Kindheit eine starke Reaktion gegen Ungerechtigkeit habe“, erinnert sie sich. Heute hilft sie privat als Psychologin und in der Öffentlichkeit als Patient Advocate, die sich für einen patient:innenzentrierten Ansatz einsetzt.

Die Leidenschaft wurde im Alter von 22 durch ihre eigene Erfahrung mit kleinzelligem Ovarialkarzinom, einem sehr seltenen Eierstockkrebs, noch verstärkt. Die Seltenheit und damit auch fehlende Sicherheit trieb sie dazu, selbst nach medizinischen Optionen zu suchen. In ihrer Isolation fand sie Unterstützung in einer Online-Community und wurde schließlich zur Vorreiterin einer neuen Behandlungsoption.

Heute ist Oriana ein Leuchtfeuer für andere, geprägt von Empathie und dem Streben nach einer Gesundheitsversorgung, die die Bedürfnisse von Patient:innen erfüllt und weit über die bl0ße Bekämpfung von Krebs hinausgeht. Mit einer tiefen Verbundenheit zu ihrer Arbeit und einer klaren Vision für die Zukunft steht Oriana an vorderster Front, um die Lebensqualität und die Versorgung von Krebspatient:innen auf europäischer und internationaler Ebene zu verbessern.

Über die Serie

Wie setzen “Patient Advocates” sich für die Belange von Patient:innen ein? Im Rahmen unserer Serie „Mit uns statt über uns“ interviewen wir jeden Monat Patient:innenenvertreter:innen aus aller Welt über ihre Arbeit für Betroffene, ihren Einsatz für mehr Mitsprache – und darüber, was sie täglich anspornt, weiterzumachen.

Warum bist du Patient:innenvertreterin geworden?

Es war nichts, was ich geplant hatte. Vielmehr fand ich mich unerwartet in die Welt der Patient:innenvertretung katapultiert, aus purer Notwendigkeit heraus. Auf eine Weise ist es zu einem festen Teil von mir geworden – nicht nur etwas, das ich unterstütze, sondern ein integraler Teil meiner Identität.

Angetrieben von dem Wunsch, mehr Patient:innen zu helfen, habe ich eine Ausbildung absolviert, um besser zu verstehen, wie man mit verschiedenen Gruppen interagiert und zusammenarbeitet. Während ich mich weiterhin auf die Behandlung seltener Krebsarten und die Unterstützung junger Bevölkerungsgruppen konzentriere, engagiere ich mich in verschiedenen Projekten und arbeite mit verschiedenen Interessengruppen zusammen, um patient:innenorientierte Ansätze zu verbessern.

Wie änderst du das System?

Mein Beitrag ist nur ein kleiner Tropfen in einem Meer von notwendigen Maßnahmen. Im Laufe der Zeit habe ich versucht, Patient:innen und ihren Familien zu helfen, indem ich Informationen bereitgestellt, meine eigenen Erfahrungen geteilt und mit verschiedenen Gruppen zusammengearbeitet habe. Das beinhaltet Beratungen in Patient:innenbeiräten, die Teilnahme an Fokusgruppen und das Halten von Vorträgen bei Veranstaltungen zur Patient:innenbeteiligung.

Mensch alleine in der Wüste
Oriana fühlte sich durch ihre seltene Krebserkrankung in jungen Jahren isoliert und einsam. Heute ist es ihr deswegen ein besonderes Anliegen, jungen Menschen zu helfen. (Foto: Unsplash/Finding Dan | Dan Grinwis)

Eines der bedeutendsten Projekte, an denen ich bisher mitgewirkt habe, ist das European Network of Young Cancer Survivors (EU-CAYAs-NET), dem ich im Oktober 2022 beigetreten bin. Es soll ein Netzwerk für junge Menschen schaffen, die Krebs überlebt haben, und ein Zentrum für Wissen sowie eine Plattform für soziale Netzwerke entwickeln.

Ein Fokus liegt auch darauf, die Nachsorge und den Übergang von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin zu verbessern, sowie die Versorgung junger Krebspatient:innen zu fördern. Wichtig ist uns auch, die Gleichstellung, Vielfalt und Integration während der Behandlung und danach zu unterstützen.

Welche Rolle spielt Patient Advocacy in deinem Land?

Die Rolle des Patient Advocates wird in meinem Land noch nicht von allen verstanden. Viele kennen den Begriff oder seine Bedeutung nicht.

Menschen zu sehen, die sich der Hilfe und der Wiederherstellung der Menschlichkeit widmen, gibt mir Hoffnung, selbst inmitten von Ungerechtigkeiten und Unterschieden im Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Oriana de Sousa

Trotzdem engagieren sich in Portugal mehrere Patient Advocates, die sowohl unabhängig als auch über Patient:innenorganisationen arbeiten. Diese Organisationen spielen eine wichtige Rolle, indem sie Patient:innen in allen Belangen ihrer Krankheit unterstützen – von der Bereitstellung wichtiger Informationen über die Krankheit bis hin zur Unterstützung bei der Navigation im Gesundheitssystem und der Sicherung ihrer Rechte sowie der Bereitstellung dringend benötigter psychosozialer Unterstützung.

Ihre Arbeit geht weit über die individuelle Hilfe für die Patient:innen hinaus. Sie setzen sich auch dafür ein, politische Veränderungen zu beeinflussen und den Zugang zu Behandlungen zu verbessern. Obwohl viele die Rolle der Patient Advocates in der Öffentlichkeit noch nicht ganz verstehen, ist ihr Einfluss auf die Verbesserung der Patient:innenversorgung und ihr Einsatz für Veränderungen von unschätzbarem Wert.

Stell dir vor: Du hast deine Ziele erreicht! Wie sieht die Welt jetzt aus?

In einer idealen Welt würden Menschen, die mit Krebs diagnostiziert werden, eine umfassende Unterstützung erhalten, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Sie könnten nahtlos durch das Gesundheitssystem navigieren und Zugang zu wirksamen Behandlungen mit minimalen Nebenwirkungen erhalten.

Die Krebserkrankung würde ihr Leben nicht stark beeinträchtigen – ein großer Unterschied zur Realität von heute.

In dieser Welt könnten junge Krebspatient:innen ihr Leben leben, ohne von Hindernissen aufgehalten zu werden, die durch die Krankheit oder unzureichende Unterstützung entstehen.

Weiterführende Links:

Titelfoto: Oriana de Sousa

Über die Serie

Stell dir vor, du hast kein Wahlrecht. Du lebst zwar in einem modernen Staat, doch es gibt niemanden, der oder die deine Interessen vertritt. Sobald du bei Entscheidungen mitreden willst, heißt es: Sorry, das geht nicht. Du bist ja kein:e Expert:in. So ähnlich könnte man den aktuellen Zustand der Patient:innenvertretung beschreiben. Okay, das Gesundheitssystem ist natürlich keine Diktatur. Tatsache ist aber, dass Patient:innen in vielen Ländern bei wesentlichen Entscheidungen kaum mitbestimmen können. Genau darum geht es in “Mit uns statt über uns”. In unserer Serie machen wir erfahrbar, warum es dringend mehr anerkannte, professionelle Patient:innenvertretungen braucht. Wir greifen das Thema in aller Tiefe auf. Zeigen Beispiele, blicken in andere Länder, entlarven die Einwände, sprechen über Vorteile und schlagen vor, wie ein Paradigmenwechsel funktionieren könnte.

Mit  dieser Serie verbinden wir zwei Leidenschaften. Wir sind ein Magazin, arbeiten journalistisch und fühlen uns ausgewogener Berichterstattung verpflichtet. Wir sind aber auch Teil von euch, unserer Patient:innencommunity, und wollen mehr Mitsprache. Wir nehmen uns nichts Geringeres vor, als beides zu erreichen.

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