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Checkliste anhand des Beispiels Darmkrebs
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Diagnose Dialog: So gelingt dein Arztgespräch mit Metastasen

Beim guten Arztgespräch geht es nicht darum, den Ball ins gegnerische Feld zu schlagen, sondern um ein präzises Zusammenspiel. Gemeinsam mit Dr. Annika Kurreck, Onkologin an der Berliner Charité, und Darmkrebspatientin Claudia Neumann zeigen wir, wie du mit den richtigen Fragen eine starke Teamdynamik aufbaust.

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Auf Seite 2 erfährst du, was sich in der Forschung getan hat, wie du dir Entscheidungen erleichtern kannst und wie du Therapiemüdigkeit vermeidest.

Tipps für die Therapiewahl bei Darmkrebs

Die Therapieoptionen heutzutage sind vielfältiger denn je. Deswegen hier schonmal ein Vorschuss an Infos, damit dir das Gespräch zur Therapiewahl einfacher fällt. 

Präzisionsmedizin von Anfang an 

Mittlerweile gibt es mehr Behandlungsoptionen als nur die klassische Chemotherapie. Wenn metastasierter Darmkrebs bei dir diagnostiziert wurde, bestimmen Ärzt:innen in der Regel die individuellen Tumoreigenschaften. So gelangt ihr zu einer zielgerichteten Therapie, die häufig mit der Chemotherapie kombiniert wird. Ein spezieller Fall sind Patient:innen, bei denen das Untersuchungsergebnis darauf hinweist, dass der Tumor besonders gut auf eine alleinige Immuntherapie anspricht.  

Der erweiterte molekulare Gentest  

Es ist keine 20 Jahre her, da hat noch jede:r Darmkrebspatient:in die gleiche Therapie bekommen. Viel ist seitdem passiert.  

Doch trotz der modernen Behandlungsmöglichkeiten gelingt es dem Tumor häufig, nach einer gewissen Zeit resistent gegenüber der Antitumortherapie zu werden. Sollten die zugelassenen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sein, kann ein erweiterter Tumorgentest helfen, den Tumor noch genauer zu verstehen – und so wertvolle Hinweise auf mögliche weitere Behandlungsschritte liefern.

Zwei Kopfsillhouetten die vor einem Bücherregal positioniert sind.
Zeigt Verständnis füreinander und begegnet euch auf Augenhöhe. (Foto: Pexels/Silhouette)

Und das bringt uns gleich zum nächsten Punkt:

Wie ihr gemeinsam die Therapie wählt 

Du. Hast. Eine. Wahl. Gott sei Dank sind die Zeiten vorbei, in denen Ärzt:innen allein für die Patient:innen entschieden haben. Heute seid ihr ein Team, das gemeinsam eine Strategie findet. Ärzt:innen schlagen auf Basis von wissenschaftlichen Studien eine Therapie vor, die in ähnlichen Situationen erfolgreich war. Bei einem neu diagnostizierten, metastasierten Darmkrebs gibt es immer mehrere Optionen, und nie eine hundertprozentig richtige oder falsche Entscheidung.   

Um die Optionen abzuwägen, informiere dich bei deinem Behandlungsteam über den Verlauf und die potenziellen Nebenwirkungen. Frage sie, welche Option die besten Chancen bietet, dass der Tumor auf sie anspricht. Dann frage dich selbst, was du bereit bist, in Kauf zu nehmen.   

Denn je nachdem, an welchem Punkt du im Leben stehst, könnte dir manch ein Preis zu hoch sein. Wir denken da an Dinge wie Kinderbetreuung, Reiseträume oder wirtschaftliche Eigenständigkeit.   

Willst du mehr über personalisierte Therapien wissen? Kein Problem, in diesem Artikel sagen wir dir, wie individuell Medizin sein kann.

„Es ist wichtig, die Therapieoptionen gut unterscheiden zu können, um sich bei jeder Option zu fragen: ‘Ist mir das den Weg wert?’ Jeder ist an einem anderen Punkt im Leben und gewisse Bedürfnisse beeinflussen die Wahl sehr.”
Claudia Neumann

Bei metastasiertem Darmkrebs ist die Zeit drängender, was schnelle Entscheidungen erfordert. Dennoch ist es wichtig, dass du dich nicht von Angst und Emotionen leiten lässt, sondern den rationalen Denkmodus einschaltest.

Entscheidungshilfe: Hole dir eine Zweitmeinung 

Hier ein echter Pro-Tipp: Du darfst dir immer eine Zweitmeinung holen. Wenn du in einer onkologischen Praxis behandelt wirst, kannst du dich beispielsweise an ein Universitätsklinikum oder ein zertifiziertes Zentrum wenden. Es empfiehlt sich, hier immer zum Zentrum mit der höchsten Expertise hinsichtlich deiner Krankheit zu gehen.    

Dein Fall wird dann in der interdisziplinären Tumorkonferenz besprochen, in der medizinisches Fachpersonen ihre professionellen Einschätzungen äußern. Im besten Fall bekommst du am Ende dieselbe Meinung und fühlst dich sicherer oder du bekommst die Möglichkeit, an einer klinischen Studie teilzunehmen, in der du frühzeitig Zugang zu innovativen Therapien erhältst. 

Tipp: Die Berliner Charité hat eine Cancer Center Hotline, wo du deinen Fall vorbringen und um eine Zweitmeinung bitten kannst. Per Mail oder Telefon. Den Link findest du in der Quellenbox. 

Mann der ins Telefon schreibt
Wenn du eine Zweitmeinung brauchst, ruf die Expert:innen an. Aber bitte nicht schreien! (Foto: Unsplash/Icon Teams)

Wie du Therapiemüdigkeit vermeidest 

Therapiemüdigkeit bedeutet, dass du nicht mehr so gut mit der Behandlung klarkommst, und es schwerer wird, die notwendigen Schritte zu gehen. Das kann verschiedene Gründe haben:  

  • Das Verständnis für die Therapie fehlt? Frage nach dem Ziel der Maßnahmen.  
  • Keine zwischenmenschliche Chemie? Frage nach einem anderen Arzt, einer anderen Ärztin.  
  • Keine Veränderung? Geduld! Manche Medikamente haben erst langfristig Effekte. Reflektiere auch über die kleinen Veränderungen. Ein Symptomtagebuch hilft außerdem, die Schubhäufigkeit und -intensität zu verfolgen.   

Zumeist sind es aber die nervigen Nebenwirkungen. Gerade bei der Chemo ist es so, dass sie sich „kumulativ” verhalten, das heißt, dein Körper gewöhnt sich nicht an Übelkeit und Co., wodurch wird der Mist im Laufe der Zeit eher schlimmer als besser wird.   

Um den Therapieerfolg zu wahren und nicht unter dem Druck der Maßnahmen zusammenzubrechen, kannst du in Absprache mit deiner ärztlichen Person Folgendes verabreden: 

Es ist meist möglich, Anpassungen vorzunehmen, die deinen individuellen Bedürfnissen gerecht werden. Manchmal gibt es mehr Spielraum, als du denkst. Wenn du beispielsweise mit einer intensiven Chemo angefangen hast, könntest du gemeinsam mit deinem Arzt oder deiner Ärztin schauen, welche bestimmte Substanz den Tumult auslöst, und diese aus dem Therapieplan herausnehmen.

Für die meisten Probleme gibt es eine Lösung oder zumindest einen Kompromiss. Voraussetzung ist wie immer, dass du deine Wünsche und Erwartungen offen kommunizierst und Nebenwirkungen sofort ansprichst.

Manchmal braucht es einfach körperliche und psychische Entlastung. Eine Pause kannst du nutzen, um dich kritisch mit den Möglichkeiten der Weiterbehandlung auseinanderzusetzen. Aber: Es kommt immer darauf an, was der Tumor zulässt. Besonders hier gilt: alles nur in enger Absprache mit deiner behandelnden Person.  

  • Wenn gerade neue Metastasen aufgetreten sind oder der Tumor wächst, riskiert man, dass die Erkrankung neue Fahrt aufnimmt – KEINE PAUSE.  
  • Wenn die Therapie anspringt, gut verläuft, der Tumor kleiner wird und du die Pause brauchst, kann die seelische und körperliche Erholung durchaus helfen – PAUSE? Eventuell möglich. Pfiu.
Auto-Cockpit, Welt zieht vorbei
Es mag sich manchmal so anfühlen, als ob der Krebs die Wahl hat und die Therapie nur so vorbeizieht. Aber im Endeffekt hast du IMMER das Steuer in der Hand! Vergiss das nie. (Foto: Unsplash/Samuele Errico Piccarini)

Was es mit dem „Langzeitüberleben“ auf sich hat? Das und alle Tipps als praktische PDF-Checkliste findest du auf Seite 3.

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