Voulez-vous Fatigue avec moi, ce soir?
Du bist hier richtig, wenn du dich auf einen humorvollen Umgang mit dem nervigen Symptom Fatigue (chronische Erschöpfung) einlassen willst. Claudia teilt ihre Erfahrungen als stammzellentransplantierte Leukämie-Patientin in diesem Bericht.
Was Fatigue vor meiner Krebserkrankung bedeutete
Fatigue. Das klingt doch irgendwie nach etwas ganz Feinem wie zum Beispiel nach Champagner: “Darf’s noch ein Gläschen von dem Fatigue sein?” oder einem noblen Nightclub, in den du nur über eine VIP-Gästeliste gelangst. “Sehen wir uns heute Abend im Fatigue?” “Denke schon. Bin dort mit Ryan Gosling und Harry Styles verabredet.”
Französische Begriffe versprühen einfach gute Laune. Man fühlt sich gleich viel besser, wenn Banalitäten mit Esprit verpackt sind. In Wahrheit bedeutet fatigue einfach nur müde. Fertig. So habe ich das als Jugendliche im Französisch-Unterricht gelernt. Damals war ich auch oft müde, aber eher, weil ich mich nach durchgefeierten Nächten am nächsten Morgen so schlecht aus dem Bett quälen konnte.
Fatigue 2.0 – ohne Saft und Kraft nach der Stammzellentransplantation
Ein paar Jahrzehnte, zwölf Chemozyklen, zwei Strahlentherapien, diverse Knochenmark- und Lumbalpunktionen sowie eine Stammzellentransplantation später ist die Party zu Ende; mein Leben zum Glück noch nicht. Ich habe es geschafft. Leukämie adieu!
Als ich endlich durch war mit dem ganzen Behandlungsbrimbamborium und sich nach zweieinhalb Jahren abzeichnete, dass der Weg Richtung Heilung geht, wäre ich gerne vor Freude an die Decke gesprungen. Ich wollte tanzen gehen, um die Welt reisen.
“Was hält dich denn ab?” Ich blickte in das verwunderte Gesicht meiner Freundin. Ich hätte es gerne benannt. Mir fiel nur Nudelsuppe ein. Wochenlang Nudelsuppe essen und kotzen. Dazwischen lag ich im Bett, wahlweise auf meinem Sofa.
Du suchst nache mehr Infos zu Fatigue?
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Bett. Bad. Sofa. Repeat.
Mein abgemagerter Schmerzkörper schleppte sich von einem Zimmer ins andere. Ich wünschte mir einen Kran oder einen starken Pfleger an meinem Bett. Ich wollte gehoben, getragen und geschoben werden.
Auf gar keinen Fall unter Einsatz eigener Körperkräfte bewegen. Wie auch. Ich hatte keine mehr. Es war wie mein Bankkonto während der Studienzeit, das zwischen gähnender Leere und stabilem Minus einfach keine Reserven vorweisen konnte. Kaum waren 500 Euro da, ging die Miete mit 600 Euro ab.
Auf der nächsten Seite erfährst du, was Vampire und Fatigue gemeinsam haben – und wie Claudia es schaffte, öfter „nein“ zu sagen.
Über die Serie
Jeder Mensch hat zwei Leben. Das zweite beginnt dann, wenn du realisierst, dass du nur ein Leben hast, und die Welt sich anders anfühlt. Durch den massiven Eingriff von Krebs & Co findet ein Sinneswandel statt. Falls dein Lebensweg bisher an Sinn vermissen ließ, wird das im Angesicht der Endlichkeit furchtbar klar.
Die Sinneswandel-Serie beschäftigt mit der Vielfalt an Bewältigungsstrategien, die Krebspatient:innen entwickeln, um mit all den weitreichenden Veränderungen umzugehen. Coping ist eine Kunst, und Kunst sensibilisiert die Sinne. Durch unsere Community wissen wir: Manche haben besonders kreative und authentische Ansätze gefunden. Sie haben inspirierende Geschichten gelebt, Prüfungen bestanden, schwere Entscheidungen getroffen – und wir entnehmen die Essenz dieser Lebenswege und gießen sie in tieftauchende Porträts.