„Humor passiert in der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit“
Wenn man auf der Bühne steht, performt und in eine andere Rolle schlüpft, hat man das Ziel, die Zuseher abzuholen, zu begeistern, den Alltagsstress vergessen zu lassen und sie zum Lachen oder Weinen zu bringen. Bevorzugt vor Freude natürlich. Manuel Rubey [aɪ̯] schafft das. Wir haben mit dem österreichischen Schauspieler und Kabarettisten über Humor, Kindheitserinnerungen und Depressionen gesprochen und wie man auf die Idee kommt, einen Krebskranken spielen zu wollen. In einem persönlichen Interview mit ganz viel Abstand. Das etwas andere Porträt. Via Zoom.
Seite 2/3: Manuels Schauspielrolle als Krebspatient im Film „Gruber geht“
Warum zur Hölle man einen Krebskranken spielen möchte
Um Humor geht es auch im Film „Gruber geht“. Ein Roman von Doris Knecht, der später von Marie Kreutzer für das Kino adaptiert wurde. Manuel spielt Gruber. Einen erfolgreichen Werber, mit viel Geld und viel Geschmack und einem nicht sehr gesunden Lebensstil. Gruber fühlt sich unsterblich, bis er plötzlich die Diagnose Krebs bekommt. Ein Lymphom. Gruber selbst nennt es „Mädchenkrebs“. „Sehr unkorrekt natürlich“, sagt Manuel und lacht. Manuel versucht seine Figur zu verteidigen. Er müsse sie mögen, um sie spielen zu können. Er stimmt dann aber lachend zu, dass Gruber schon „bissl a Oasch“* ist. Auf die Frage, wie zur Hölle man auf die Idee kommt einen Krebskranken zu spielen, antwortet Manuel mit: „Ich bin sehr hypochondrisch veranlagt. Ich kann von einer Krankheit lesen und habe sie in dem Moment.“ Das sei aber besser geworden. Mit der Krebsdiagnose von Gruber konnte er es halbwegs auf Distanz halten. Für die Rolle habe sich Manuel entschieden, weil er die Regisseurin gut kennt und die Figur humorvoll ist. Das stimmt. Denn eines verliert Gruber nie: seinen Humor.
*Österr. für „bisschen ein Arsch“
Beruflich blank ziehen
Für den Film hat sich Manuel eine Glatze rasiert. „Im echten Leben“ damit unterwegs zu sein, war für ihn recht normal, erzählt er. Die Leute waren einfach überrascht, dass er sich die Harre geschnitten hat. „Die Erfahrung der Glatze war nicht neu, sagen wir es so.“ Er habe sich schon öfter rasiert. Also oben. Am Kopf.
Auf die Frage was Gesundheit für Manuel bedeutet, antwortet er mit: „Abgedroschenerweise würde ich sagen: Gesundheit ist das größte Gut. Ich bin der Meinung, dass das ganze Universum ein Zufallsprodukt ist. Trotzdem ist es ein Geschenk, dass wir leben und solange wir gesund sind, ist es sowieso sehr super.“ Er versucht viel Sport zu machen und den Alkoholkonsum einzupendeln. Zwei Mal im Jahr zur Darmspiegelung geht er dann doch nicht. Manuels Aussagen regen zum Nachdenken und Reflektieren an. Man hört ihm zu und kann kaum anders, als ihm zuzustimmen. Jeder Satz ist ein Zitat wert. Das zeigt seinen ausgeprägten Sinn für Sprache. Jetzt aber genug Groupie. Obwohl wir schon sehr beeindruckt sind.
Darüber reden kann eine erste große Hilfe sein.
Manuel erzählt von seinen Depressionen und Angstzuständen. Und spricht ganz offen darüber. Er beschreibt sogar den Sinn von Kurvenkratzer: „Ich glaube, dass darüber reden eine erste große Hilfe sein kann, damit man merkt, dass man nicht alleine ist.“ Bei einer Krebsdiagnose sind Angstzustände, depressive Schübe und Stimmungsschwankungen häufige Langzeitbegleiter. Sowohl für Patient*innen als auch für Angehörige.
Manuels Tipp für Angehörige
„Hilfe holen, darüber sprechen und darauf vertrauen, dass wir in einem fantastischen Zeitalter leben, in welchem es nicht mehr komplett tabuisiert wird. Es ist fast egal, wo man anfängt. Es ist wichtig anzufangen.“
Was Manuel hilft, wenn es ihm nicht so gut geht, erfährst du auf der nächsten Seite.
Über die Serie
Stark sein? Runterschlucken? Das Schicksal ertragen? Wir von Kurvenkratzer bekommen latenten Brechreiz, wenn wir derartige Sprüche hören. Und warum flüstern wir, wenn wir über Krebs reden? Ja, Krebs ist in unserer Gesellschaft leider noch immer ein Tabu. Studien zufolge trifft aber jeden zweiten Menschen im Laufe seines Lebens eine Krebserkrankung. Krebs ist also alles andere als eine gesellschaftliche Nische.
In unseren Interviews sprechen wir mit Menschen, die Krebs am eigenen Leib erfahren haben oder nahe Betroffene sind. Wir reden mit ihnen über den Schock, den Schmerz, Hilfe zur Selbsthilfe, Humor und Sexualität, sowie darüber, wie es gelingt, Mut und Hoffnung zu finden. Damit möchten wir dich motivieren: Wenn du das Gefühl hast, über deine Erkrankung sprechen zu wollen, dann tu es. Du bist nicht allein.