Lockdown-Jahr 2020: Aufwind für digitale Lösungen?
Mehr Qualitytime mit den Liebsten, Spazierengehen als Trendsportart, Aufwertung des digitalen Arbeitens: Das Ende des Jahrzehnts war definitiv besser als sein Ruf. Und auch für den digitalen Bereich der Medizin war 2020 ein gutes Jahr. Neue digitale Lösungen wurden auf den Weg gebracht, alte verbessert. Eine Entwicklung, die gut für Patient*innen ist und gerne bleiben darf. Ein Interview über den Status quo in Österreich und die Chancen für ein nachhaltigeres Gesundheitssystem.
Im Experteninterview zeigt Dipl. Math. Susanne Erkens-Reck, General Managerin bei Roche Austria, nicht nur die Chancen digitaler Lösungen fürs österreichische Gesundheitssystem auf, sondern gibt auch konkrete Praxisbeispiele, in denen qualitative Datennutzung bereits erfolgreich eingesetzt wird. Dieser Artikel ist in Kooperation mit Roche entstanden.
Die COVID-19-Pandemie hat in Österreich zu einem verstärkten Einsatz digitaler Health-Services geführt. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Susanne Erkens-Reck: Diese Entwicklung sehe ich, besonders mit Blick auf die Patient*innen, sehr positiv. Arztgespräche konnten online stattfinden, die Ausstellung von Dauerrezepten kann digital abgewickelt werden und brachte für Patient*innen eine deutliche Erleichterung. Auch die Bewilligungen von Therapien wurden vereinfacht. Diese Entwicklung ist eine große Chance für die Digitalisierung im Bereich Gesundheit zum Wohl der Patient*innen in Österreich und sollte fortgeführt werden. Und auch für medizinisches Personal gab es Erleichterungen – beispielsweise die digitale Teilnahme an internationalen Fortbildungskongressen. Das ist auch im Sinne der Nachhaltigkeit eine positive Entwicklung.
Wie könnte sich ein nachhaltiges Gesundheitssystem auf dieser Basis weiterentwickeln?
So wie in allen Bereichen explodieren auch in der Medizin die Datenmengen. Das heutige medizinische Wissen ist für Ärzt*innen nicht mehr administrierbar. So müssten etwa Krebsspezialisten täglich 29 Stunden lesen, um sich stets auf dem aktuellen Stand aller neuen medizinischen Erkenntnisse zu halten. Aber auch in anderen Bereichen der Medizin explodieren die Datenmengen.
Zeitgewinnung in den medizinischen Abläufen durch smarte Tools beschleunigen und vereinfachen es, riesige Mengen medizinischer Daten zu aggregieren, zu interpretieren und optimal zu nutzen – mit dem vorrangigen Ziel verbesserter Outcomes für Patient*innen. Aber auch mit dem Ziel, dass das Gesundheitssystem nicht teurer, sondern effizienter wird.
Wie sieht in Österreich die vorhandene digitale Infrastruktur aus – gibt es Optimierungsbedarf?
Die Infrastruktur ist besser als in vielen anderen Ländern der EU. Die medizinische Forschung hat jedoch ein Manko – sie kann nur mit einigen wenigen klinischen Datenmengen arbeiten und hat kaum Zugriff auf sogenannte „Real World Data“, also standardisiert erhobene Daten aus dem echten Klinikalltag. Wenn wir die Echtdaten in anonymisierter Form zur Verfügung hätten, erlaubte das auch allen Patient*innen, die in klinische Studien involviert sind, Zugriff auf innovative Behandlungen. Studien könnten besser, effizienter und zum Wohle der Patient*innen durchgeführt werden. Gleichzeitig ließen sich Forschungshypothesen schneller beweisen oder widerlegen. Dies würde wiederum einen schnelleren Zugang zu innovativen Therapien ermöglichen.
Welche Bedeutung kommt verlässlichen und qualitativ hochwertigen Daten in Bezug auf Effizienzpotenziale und Entwicklung neuer Therapieoptionen zu?
Qualitativ hochwertige Daten haben eine enorme Bedeutung für die Forschung. Roche investiert gemessen am Umsatz zum Beispiel die höchste Summe in „Forschung und Entwicklung“ von allen pharmazeutischen Unternehmen. Allein im Jahr 2020 waren dies knapp 11 Milliarden Euro weltweit. Derzeit laufen in Österreich rund 31 Studien in 22 Indikationen. Studien ermöglichen Patient*innen einen schnellen Zugang zu Innovation in einem besonders geschützten Umfeld. Wie bereits erwähnt, würde beispielsweise der Einsatz von Echtdaten in anonymisierter Form erlauben, dass alle Patient*innen, die in klinische Studien involviert sind, Zugriff auf innovative Behandlungen haben. Studien könnten besser, effizienter und zum Wohle der Patient*innen durchgeführt werden.
Wo wird dies bereits erfolgreich eingesetzt?
PHC ist die Zukunft der Medizin, damit Patient*innen genau die Tests und anschließend die Behandlung bekommen, die ihnen hilft – nicht mehr und nicht weniger. Für eine moderne, personalisierte Medizin müssen Kompetenzen aus Diagnostik und Therapie perfekt zusammenspielen. Auch die Digitalisierung mit Schwerpunkt Health-IT ist von zunehmender Bedeutung. Roche sieht sich als Pionier in der personalisierten Medizin, weil wir mit Pharma und Diagnostik unter einem Dach und unserem Know-How im Bereich „Big Data“ gemeinsame Lösungen erarbeiten und anbieten können. Denn jeder Mensch ist anders: Zwei Patienten mit der gleichen Diagnose können ganz unterschiedlich auf dieselben Medikamente ansprechen. Ziel ist es, die Therapien auf bestimmte Patientengruppen bestmöglich abzustimmen und dadurch die Wirksamkeit zu erhöhen und Nebenwirkungen zu verringern.
Die Grundidee der Personalized Healthcare (PHC), ist, dass jeder/jedem Patient*in in ihrer/seiner Lebenssituation eine individuelle & zielgerichtete Therapie angeboten werden kann. Durch die enge Verknüpfung von Diagnostik, Pharma und Health-IT unter einem Dach, ist Roche in einer einzigartigen Lage, die Strategie der personalisierten Medizin in die Realität umzusetzen.
Zwei konkrete Beispiele aus der Praxis findest du auf der nächsten Seite!
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