No Thrombose, no Cry
Was ist nerviger als Blutgerinnsel und Tumorzellen? Na, wenn sie im Duo auftreten! Wir schauen uns dieses ungemütliche Paar genauer an. Warum ist das Thromboserisiko bei Krebs erhöht? Und können Thrombosen auf Krebs hindeuten?
Wer lange im Bett liegt, hat ein erhöhtes Thromboserisiko. Wer sich wenig bewegt, hat ein erhöhtes Thromboserisiko. Wer Krebs hat: sehr viel höheres Thromboserisiko – bis zu sieben Mal eher bildet sich bei einer Tumorerkrankung ein Blutgerinnsel in den Venen.
Das sind zwar keine guten Nachrichten, aber umso wichtiger ist es, ein Auge darauf zu haben – also wir, und du. Thrombosen und Krebs dürften echt immer im Doppelpack auftreten. Blutgerinnsel, die auf den ersten Blick keine Ursache zu haben scheinen (also bei gesunden Menschen), können nämlich auf eine unerkannte Krebserkrankung hinweisen. Aber erst einmal der Reihe nach.
Ein Klumpen, ein Loch und eine Diagnose
Eva hat Brustkrebs. Schon lange, aktuell seit 18 Jahren. Lange lebt sie beschwerdefrei, aber im Jahr 2018 tauchen erstmals Metastasen auf. Eva hat zu dieser Zeit immer wieder Seh- und Empfindungsstörungen.
Sie hat Angst, es könnten Hirnmetastasen entstanden sein. Ihr Kopf wird untersucht. Eine Magnetresonanztomografie. Was Hirnmetastasen angeht, bekommt sie Entwarnung. Allerdings sind auf den Bildern Gefäßverschlüsse sichtbar. Eva hat Thromben im Gehirn, die für mehrere kleine Schlaganfälle verantwortlich sind.
Was ist eine Thrombose?
Menschliches Blut hat die Fähigkeit, zu stocken. Das heißt Blutgerinnung und dient dem Wundverschluss. Ist die Blutgerinnung gestört, besteht die Gefahr, dass das Blut innerhalb von Blutgefäßen stockt (Thrombose) und Klumpen von Blut (Thromben) bildet. Thrombosen können zu schwerwiegenden Komplikationen wie Lungenembolien und Schlaganfällen führen.
An der Uniklinik in Heidelberg wird Eva weiter untersucht. „Dort gibt es eine spezielle Abteilung, die sich mit Krebspatient:innen befasst, die eine Gerinnungsstörung haben“, sagt Eva.
So erfährt sie den Grund für die Seh- und Empfindungsstörungen auslösenden Schlaganfälle: Antiphospholipid-Syndrom (APS). Das APS ist eine Autoimmunkrankheit, die das Blut klumpen lässt. Und als ob das nicht reichen würde, kommt bei den Untersuchungen noch etwas heraus. „Da ich zusätzlich ein kleines Loch im Herzen hatte (persistierendes Foramen ovale, PFO), war der Weg für die Thromben ins Gehirn offen“, erzählt Eva.
Welche Thrombosen gibt es?
Blutgerinnsel werden danach unterschieden, wo sie entstehen und wo sie Schaden anrichten. Solche in Hautvenen heißen oberflächliche Venenthrombosen (OVT). Sie heilen mit der richtigen Therapie oft folgenlos ab.1,2
Anders verhält es sich mit tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE). Zusammengefasst heißen sie venöse Thromboembolien (VTE) und sind absolut ernst zu nehmen.3
Warum entstehen Thrombosen bei Krebs?
Bösartige Tumoren sind ordentliche Biester. Nicht nur, dass sie Absiedelungen (Metastasen) in komplett anderen Körperregionen bilden können. Sie können auch Stoffe freisetzen, die die Blutgerinnung im menschlichen Körper aktivieren.4,5
Das betrifft laut Ärzt:innen alle Krebserkrankungen. Kein Krebs ist in dieser Hinsicht wohl besser oder schlechter als der andere. Das ist aber kein Grund zum Verzweifeln. Du solltest einfach die Möglichkeit von Thrombosen im Blick haben.
Denn ein Fünftel aller venösen Thromboembolien (VTE) tritt bei Menschen mit Krebs auf. Umgekehrt: 20 bis 30 Prozent aller Krebspatient:innen haben irgendwann eine Thrombose, oder gar eine VTE.3,6
Risiko für Thrombosen bei Krebs
Neben allgemeinen Risikofaktoren7 wie Herzerkrankungen, Adipositas, Diabetes mellitus, Gefäßveränderungen, Rauchen, bestimmte Medikamente, Störungen der Blutbildung und erbliche Vorbelastungen haben Krebserkrankte ein 4- bis 7-fach höheres Risiko3,5 für Thrombosen: Port und Venenkatheter (zum Beispiel während einer Chemotherapie), Operationen, wenig Bewegung und reduzierte Mobilität (Immobilisation), Antihormontherapie und natürlich die Tumorerkrankung selbst.5,6,8
Evas Autoimmunkrankheit, das Antiphospholipid-Syndrom (APS) als Ursache für die Thrombenbildung und die Schlaganfälle (Transitorische ischämische Attacken, TIA), ist „sekundär erworben“.
Das heißt, sie hatte das Syndrom nicht immer schon, sondern es erst im Laufe des Lebens bekommen. Eva und ihr ärztliches Team wissen nicht genau, woher es kommt. Es gibt nur eine vage Vermutung: Die Gerinnungsstörung könnte eine Folge der Krebserkrankung sein.
Wie gefährlich sind venöse Thromboembolien (VTE)?
Blutgerinnsel aus den tiefen Bein- und Beckenvenen sind besonders gefährlich. Sie können vom Blutstrom mitgerissen und über das Herz in die Lunge gelangen. Verschließt ein Thrombus dort für die Atmung lebenswichtige Adern, kann es zu einer lebensbedrohlichen Lungenembolie (LE) kommen.9 Lungenembolien haben einen großen Anteil am Versterben während deines Klinikaufenthalts.3,9
Warum Thrombosen ein Hinweis auf Krebs sein können und was bei einer Thrombose zu tun ist, erfährst du auf der nächsten Seite.
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