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Errungenschaften von Patient Advocates
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Patient:innen-Power – So verändern Betroffene das System

Patient Advocates haben in den letzten Jahren eine Menge im Gesundheitswesen bewegt. Dieser Artikel stellt dir einige ihrer wichtigsten Erfolge vor 

In diesem Artikel liest du:  

  • Wie Betroffene zu Expert:innen werden und sich europaweit Gehör verschaffen. 
  • Wie Patient:innen in die Arzneimittelentwicklung eingebunden werden. 
  • Wie Patient:innen und Ärzt:innen auf Augenhöhe zusammenarbeiten können. 
  • Wie Patient Advocates Networking auf ein anderes Level bringen.  
  • Wie seltene Erkrankungen mehr Aufmerksamkeit bekommen. 

Hast du dich jemals gefragt, wer eigentlich dafür sorgt, dass das Gesundheitssystem nicht völlig an den Bedürfnissen von Patient:innen vorbeischrammt?  

Vielleicht ist dir der Begriff „Patient Advocacy“ schon einmal über den Weg gelaufen, aber du hast keinen blassen Schimmer, was das genau sein soll. Keine Sorge, du bist in bester Gesellschaft. Wir sind hier, um Licht ins Dunkel zu bringen.  

Ganz simpel erklärt: Patient Advocates sind Menschen, die sich für die Rechte und Bedürfnisse von Patient:innen stark machen – und wer könnte das wohl besser als Betroffene selbst? Sie kennen die Schwachstellen im System aus erster Hand und wissen ganz genau, wo der Schuh am dringendsten drückt. 

Frau mit Boxhandschuhen am Rand von Boxring
Patient Advocates machen sich für die Rechte und Bedürfnisse von Patient:innen stark. (Foto: Pexels/Cottonbro)

In den letzten Monaten haben wir dir schon viele coole Patient Advocates aus verschiedenen Fleckchen des Globus vorgestellt. In diesem Artikel fassen wir nun sieben ihrer wichtigsten Errungenschaften zusammen.  

#1 Junge Menschen bekommen eine Stimme mit Gewicht… 

Viele Organisationen setzen sich für Kinderkrebs ein – schließlich ist Kinderkrebs fast immer eine seltene Form von Krebs. Aber was bringt es, über junge Patient:innen zu reden, ohne ihnen selbst eine Stimme zu geben? Genau hier setzt „KickCancer“ an. Die belgische Stiftung bietet jungen Patient:innen und ihren Familien spezielle Trainings an, um sie zu sogenannten Patient Experts auszubilden.  

Was Delphine zur Gründung der Patient:innenorganisation bewegt hat, kannst du in diesem Interview nachlesen.

Das bedeutet: Sie lernen, wie Behandlungen entwickelt werden und wie sie sich im Dschungel des Gesundheitssystems Gehör verschaffen 

Mit diesem Wissen ausgestattet, können sie nicht nur ihre eigene Gesundheit aktiv mitgestalten, sondern auch die Forschung vorantreiben. Junge Menschen werden somit zu einer einflussreichen Kraft in der Krebsforschung.  

#2 …und nutzen diese europaweit 

Expertise bringt aber nicht viel ohne ein Netzwerk. Daher gibt es für junge (Ex-) Krebspatient:innen in ganz Europa seit 2022 die Möglichkeit, sich zu vernetzen – dank „EU-CAYAS-NET“, ein EU-finanziertes Projekt mit einem nicht so einprägsamen Namen, das von Patient Advocates initiiert und geleitet wird.  

Das Ziel: ein starkes Netzwerk und eine interaktive Plattform, auf der Patient:innen sich austauschen und die Nachsorge optimieren können. Es geht darum, den oft schwierigen Übergang von der Kinder- zur Erwachsenenmedizin zu erleichtern und gleichzeitig für Gleichstellung und Vielfalt zu kämpfen – während der Behandlung und auch danach. Auch Oriana hat an dem Projekt mitgewirkt 

Initiiert wurde das Projekt von „Childhood Cancer International Europe” (CCI Europe). Dieser Dachverband vereint Organisationen, die sich für krebskranke Kinder in Europa einsetzen. CCI Europe macht sich stark dafür, dass Kinder in ganz Europa besseren Zugang zu Diagnosen, Behandlungen und Nachsorge bekommen.  

Junge mit Fernglas
Dschungel können faszinierend sein – außer, wenn es sich um den des Gesundheitssystems handelt. CCI Europe engagiert sich dafür, dass krebskranke Kinder und ihre Familien in Europa besseren Zugang zu Diagnosen, Behandlungen und Nachsorge erhalten. (Foto: Pexels/Ismael Jimenez Barcenas)

Was CCI Europe besonders cool macht, ist die enge Zusammenarbeit der Mitgliedsorganisationen. Sie teilen Wissen und Erfahrungen, damit jede Organisation von den Fortschritten in anderen Ländern profitieren kann. So gelangen Innovationen schneller zu den Familien, die sie am dringendsten brauchen. 

#3 Erwachsene mischen auch mit 

Die Erfolge finden sich aber nicht nur unten den Jüngeren. Auch erwachsene Patient:innen haben die Chance, europaweit Awareness zu schaffen und ordentlich mitzumischen. Die „European Patients‘ Academy on Therapeutic Innovation“ (EUPATI) schult Patient:innen und Patient:innenvertreter:innen, damit sie verstehen, wie Forschung und Medikamentenentwicklung wirklich laufen – und vor allem, wie sie da selbst aktiv mitentscheiden können.  

Durch das Engagement der Patient Advocates wurden schon hunderte Patient:innen fit gemacht, die jetzt bereit sind, in der Forschung und Entwicklung mitzusprechen. „Mit uns statt über uns“ ist das Motto und mit der Einstellung bringen Patient:innen ihre Perspektive nachhaltig in die Forschung ein. 

Auf der nächsten Seite erfährst du, wie Gespräche auf Augenhöhe in Luxemburg aussehen und was die wichtigste Errungenschaft von Patient Advocacy ist. 

Über die Serie

Stell dir vor, du hast kein Wahlrecht. Du lebst zwar in einem modernen Staat, doch es gibt niemanden, der oder die deine Interessen vertritt. Sobald du bei Entscheidungen mitreden willst, heißt es: Sorry, das geht nicht. Du bist ja kein:e Expert:in.

So ähnlich könnte man den aktuellen Zustand der Patient:innenvertretung beschreiben. Okay, das Gesundheitssystem ist natürlich keine Diktatur. Tatsache ist aber, dass Patient:innen in vielen Ländern bei wesentlichen Entscheidungen kaum mitbestimmen können.

Genau darum geht es in “Mit uns statt über uns”. In unserer Serie machen wir erfahrbar, warum es dringend mehr anerkannte, professionelle Patient:innenvertretungen braucht. Wir greifen das Thema in aller Tiefe auf. Zeigen Beispiele, blicken in andere Länder, entlarven die Einwände, sprechen über Vorteile und schlagen vor, wie ein Paradigmenwechsel funktionieren könnte.

Mit  dieser Serie verbinden wir zwei Leidenschaften. Wir sind ein Magazin, arbeiten journalistisch und fühlen uns ausgewogener Berichterstattung verpflichtet. Wir sind aber auch Teil von euch, unserer Patient:innencommunity, und wollen mehr Mitsprache. Wir nehmen uns nichts Geringeres vor, als beides zu erreichen.

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