Die Enzyklopädie für Krebs-Pflegende
So mysteriös dieser Titel auch klingen mag – ab hier wird nur noch aufgeklärt. Denn in unserem Pflege-Wiki mit Checklistencharakter gibt’s Tipps & Tricks für pflegende Angehörige von Krebspatient:innen. Jetzt kommt Abhilfe.
Du bist hier richtig, wenn…
…du pflegende:r Angehörige:r bist
…du überfordert mit der Pflege einer krebskranken Person bist und Abhilfe suchst
…du als pflegende Person auch einmal im Mittelpunkt stehen möchtest
Pflegen ist eine Mammutaufgabe. Angehörige befinden sich plötzlich in einer Situation ohne Anleitung, Leitfaden, Anfang und Ende. Dann lautet die Devise „einfach mal machen und helfen, wo man kann“. Außer man ist ein Unmensch.
Aber da können wir schonmal jede und jeden unserer Community ausschließen – dich inkludiert. Und uns auch. So bescheiden dürfen wir sein. Pflegen ist kein Kinderspiel, aber die folgenden Tipps und Tricks können dir zumindest helfen, den Pflegealltag etwas zu erleichtern. Schnapp dir dein Lieblingsgetränk und lies los!
Wusstest du, dass das Wort „wiki“ in „Wikipedia“ sich aus dem hawaiianischen Wort für „schnell“ ableitet? Schnelle Abhilfe. Das kommt jetzt.
Ohne dich geht nichts – Vergiss dich nicht
Die erste und vermutlich wichtigste Sache gleich zu Beginn: Sei einmal im Leben egoistisch und denke an DICH. Als Freund:in, Nachbar:in, Arbeitskolleg:in, Partner:in, Kind, Geschwisterchen. Wenn es dir nicht gut geht, bist du gar nicht in der Lage, zu helfen. Deswegen hier ein paar Tipps:
1. Reden hilft! Vernetze dich mit anderen und hole dir Hilfe
Habe den Mut, auszusprechen, was dich bewegt. Das kann eine Person aus deinem Freundeskreis sein, ein:e Therapeut:in, Psychoonkolog:in oder eine Selbsthilfegruppe, die du regelmäßig triffst. Scheue dich auch nicht, Unterstützung anzunehmen. Angebote wie Kurzzeitpflege oder Tagespflegeeinrichtungen können dich phasenweise entlasten.
2. Nimm dir Auszeit
Auch wenn es schwerfällt – nimm dir Pausen, grenze dich zwischendurch ab, lies ein Buch. Übernimm dich nicht, denn Pflege kann sehr anstrengend sein. Achte auch auf deine körperliche Gesundheit. Nimm dir bewusste Auszeiten, bewege dich und versuche ausreichend Schlaf zu bekommen.
3. Übe dich in Achtsamkeit.
Nimm deine eigenen Gefühle wahr, um besser mit Stress umzugehen. Meditation oder Achtsamkeitsübungen können dir dabei helfen.
Affirmationen sind auch großartig. Unsere Art Directress Leni hat da übrigens ganz wundervolle Affirmationskarten gezaubert, die du ganz bald im Kurvenkratzer–Webshop findest.
Krebspatient:innen brauchen meistens dann Unterstützung, wenn sie sich einer ambulanten Therapie unterziehen, aus dem Krankenhaus entlassen werden oder das Endstadium der Erkrankung erreicht haben.
Das Einmaleins der häuslichen Pflege
1. Nicht verzagen, Ärzt:innen fragen
Sprich mit dem ärztlichen Team und informiere dich umfassend über die Diagnose, den Krankheitsverlauf und die Behandlungsmöglichkeiten.
2. Mit Plan durch die Pflege
Arbeite mit dem medizinischen Team zusammen, und lasse dir einen Pflegeplan erstellen. Welche Medikation wird eingenommen? Wann und wie viel davon? Welche Therapien sind notwendig? Wann stehen wichtige Termine im Krankenhaus an? Was sind tägliche Routinen?
3. Erstmal absichern und versichern
Tatsache. Es gibt sogar eine Pflegeversicherung. Überprüfe, ob Ansprüche auf Pflegegeld oder Unterstützung durch die Krankenkasse bestehen. Je nach Einstufung können in Österreich etwa, zwischen € 175,- und € 1.879,50 monatlich ausbezahlt werden. Einen Link dazu, wie genau das in Deutschland abläuft, findest du am Ende des Artikels.
4. Werde zum bzw. zur Medikamentenmanager:in
Du verlierst über die 67 verschiedenen Medikamenten schnell den Überblick? Naja, so viele werden es hoffentlich nicht sein. Aber mal ehrlich, wer kann sich denn bitte diese langen Namen und Wirkstoffe merken? Also wir nicht.
Erstelle dir eine übersichtliche Liste aller Medikamente, inklusive Dosierungen und Einnahmezeiten, ordne sie in Pillenboxen oder stelle dir Erinnerungswecker, um so die Medikation richtig zu managen.
5. Welche Pflegeprodukte? Ja, diese halt!
Manche Pflegehilfsmittel können den Pflegealltag deutlich erleichtern.
Diese hier z. B.:
- Technische Hilfsmittel: Pflegebett, Rollstuhl, Rollator, Notrufsystem, ein Badewannenlift
- Hygienemittel: Saugende Bettschutzeinlagen, Schutzkittel, Mundschutzmasken, Einmalhandschuhe, Händedesinfektion
Wer stinkt schon gerne – Körperhygiene hilft
Damit du auch bestens auf die körperliche Pflege vorbereitet bist und es keine plötzlichen muffelnden Überraschungen gibt, haben wir ein paar hilfreiche Tipps für dich:
Bei einer Krebstherapie kann die Haut empfindlich werden – dann benötigt sie eine besondere Pflege. Achte daher auf sanfte, milde, feuchtigkeitsspendende Produkte und regelmäßige Kontrolle auf Hautveränderungen. Du findest unparfümierte, medizinische Cremen in jeder Apotheke.
Lass dich beraten und schnapp dir nicht die erstbeste Bodylotion, die dir im Drogeriemarkt in die Finger flutscht. Achte auch auf trockene Stellen, vor allem in Hautfalten, um Infektionen zu vermeiden.
Haarverlust während einer Krebstherapie kann sehr belastend sein. Aber hey, man braucht dafür im Bad nur noch halb so viel Zeit. Trotzdem kannst du, als Pflegende:r für die betroffene Person da sein, ihr zuhören, sie aufbauen, sie bei einer Selbsthilfegruppe anmelden. Mit ihrer Zustimmung natürlich.
Auch wenn es nur Haare sind, die wieder nachwachsen, wird die Krebserkrankung nach außen hin sichtbar. Wir haben übrigens einige Tipps bei Haarausfall in einem Artikel zusammengesammelt. Lies mal rein!
Eine weitere Nebenwirkung kann Mundtrockenheit sein, da eine Chemotherapie die Mundschleimhaut stark angreifen kann. Nutze milde Mundspülungen und weiche Zahnbürsten, um Infektionen zu vermeiden.
Ein Ernährungsplan, der auf die individuellen Bedürfnisse und Nebenwirkungen der Therapie abgestimmt ist, kann bei der Gewichts- und Kraftstabilisierung von Krebspatient:innen helfen.
Viele Patient:innen verlieren bereits vor der Diagnosestellung viel Gewicht, was sich bei einer belastenden Therapie verschlimmern kann. Findet gemeinsam heraus, woher der Gewichtsverlust kommt, welche Nahrungsmittel schmecken und welche nicht (mehr).
Erkundige dich, welche Superfoods Krebszellen gar nicht mögen und experimentiere in der Küche. Kleinere, häufigere Mahlzeiten können übrigens auch Übelkeit reduzieren.
No-Gos bei Nebenwirkungen
Chemotherapie kann leider eine Reihe an Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Schluckbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Völlegefühl auslösen. Während der Therapie ist daher eine schonende und nährstoffreiche Ernährung ratsam und wichtig.
Folgendes sollte bestmöglich vermieden werden:
- Üppige, sehr fettige Mahlzeiten
- Alkohol und kohlensäurehaltige Getränke
- Säurehaltige Lebensmittel, wie Zitrusfrüchte
- Mahlzeiten, die sehr intensiv riechen
- Blähende bzw. schwer verdauliche Lebensmittel
- Stark gewürzte Speisen
Akute Schmerzen? Was nun zu beachten ist, erfährst du auf der nächsten Seite.
- Seite 1
- Seite 2
Über die Serie
Du bist Angehörige:r, Freund:in oder Bekannte:r einer Person mit Krebs? Dann gratulieren wir dir herzlich – denn jetzt dreht sich alles mal um DICH! Heute bist DU das Kind an einem Tisch voller Erwachsenen. Mittelpunkt Numero uno und das Augenmerk unserer neuen Serie. Denn Pflegende sind oft die heimlichen Held:innen. Wir geben ihnen eine Bühne, lassen sie zu Wort kommen und teilen ihre Geschichten: von Sorgen, Überforderung, Tabus, Reality-Checks – bis hin zu den kleinen und großen Erfolgen in der Pflege.
Aber wo endet Hilfe, wo beginnt Bevormundung? Wie schaffst du es, dich selbst nicht zu verlieren? Diese Serie ist dein Rettungsring im Chaos des Pflegealltags – für dich und alle anderen, die sonst meist unsichtbar bleiben. Jetzt werden Rollen getauscht.