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Wanderköchin mit Herz
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„Wenn du überleben willst, musst du etwas essen.“

Veränderung ist nur dann möglich, wenn du bereit bist, ein Risiko einzugehen. Birgit Indra hatte den Mut dazu. Modedesignerin, Maßschneiderin, Store Managerin, Restaurantleiterin und jetzt Wanderköchin mit Herz. Wir haben mit der taffen Vöslauerin über heftig deftige Küche, das spezielle Kochen für Krebspatient*innen und Online-Kulinarik gesprochen.

Seite 3/3: Birgit privat und warum man ihrer Meinung nach über Krebs sprechen soll.

Du fragst deine Kund*innen immer, was sie gerne essen. Heute wirst du gefragt. Was isst du am liebsten?

Puh…also das klingt jetzt lustig: Butterbrot mit Schnittlauch. Ich bin eine heftige Brotesserin. Brot ist Bestandteil fast jeder Kultur, aber ich bin da extrem. Ich weiß, dass das nicht gesund für mich ist, weil ich zu viel esse. Abgesehen davon nimmt man ab einem gewissen Alter extrem davon zu. Aber Brot mit Butter und Schnittlauch ist mein Lieblingsessen.

 

Das heißt, wenn du ein Lebensmittel wärst, wärst du Brot?

Wahrscheinlich ja. Ist zwar nicht das Gesündeste, das weiß ich, aber es hängt auch davon ab, welches Brot man isst. Industriebrot ist nicht gesund, da brauchen wir nicht darüber diskutieren. Aber wenn man einen Sauerteig kultiviert und dem Brot die Zeit für die chemische Umwandlung gibt, damit es für den Organismus nicht mehr so belastend ist, dann ist Brot nicht ungesund. Prinzipiell bin ich aber eine Alles-Esserin, es gibt wenig, was ich nicht esse oder gar nicht mag.

Interviews Birgit Portrait Von Caro Gross Dez
Birgit Indra. Wanderköchin mit Herz und leidenschaftliche Brotesserin. Fotocredit: Caro Gross

Mode designen, kochen oder für unseren Kurvenkratzer Blog schreiben?

Das ist eine Zeitfrage. Den Blog habe ich eine Zeit lang sehr intensiv geschrieben. Ich schreibe sehr gerne und derzeit auch an einem Buch. Darin geht es generell um frisch kochen, das Kochen für Krebspatient*innen und was man dem Immunsystem Gutes tun kann. Das ist schon schwer davon abhängig, was man da oben in sich hineinstopft. Basisch kochen wird auch darin vorkommen und dass das alles nicht Verzicht, sondern Genuss bedeutet! Aber wenn ich die Frage beantworte: kochen. Ich koche noch immer sehr gerne, obwohl ich so viel koche. Ich hatte ja die Befürchtung, dass es mir keinen Spaß mehr macht, wenn ich es als meinen Beruf ausübe. Es macht mir aber nach wie vor Spaß.

 

3 Fragen an dein jüngeres ICH…

Bist du noch bei Sinnen? Funktioniert deine Wahrnehmung richtig? Erlebst du genug Freude?

 

Welche 3 Tipps würdest du dir geben, wenn du alles noch mal erleben würdest?

Mehr Freude zulassen, mehr genießen und weniger Angst.

„Wenn du überleben willst, musst du was essen. Der Körper ist leider so aufgebaut.“
Birgit Indra
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Egal ob vegan, vegetarisch oder Fleischgerichte. You name it, Birgit Indra kocht es. Fotocredit: Anna-Maria Indra

Warum soll man über Krebs reden?

Ich habe da als Angehörige eines Krebspatienten eine sehr negative Erfahrung gemacht. Er hat für sich entschieden, nicht darüber zu sprechen. Null. Nada. Gar nix. Das geht bereits über 30 Jahre so. Davor war es eine chronische Erkrankung, die letzten sechs Jahre Krebs. Für mich ist das wie eine Folter, aber ich kann nichts anderes tun, als es zu respektieren. Ich hatte in letzter Zeit mit mehr Menschen Kontakt, die an Krebs erkrankt sind und kann es, wohl jetzt besser nachempfinden, wenn man als Betroffener nicht darüber reden möchte. Nur gar nicht darüber reden ist, glaube ich, auch keine Lösung, weil man sich dann sozial extrem entfernt. Ich würde mir wünschen, dass Betroffene mehr darüber reden, aber da muss jeder selbst darauf kommen. Gleichzeitig ist es genauso wichtig, dass man zuhört!

 

Was war das Schönste, was du im Kontext erlebt hast?

Dass meine Freundin, die so einen schweren Krebs hatte und mehrmals kurz vor dem Aufgeben war, entgegen aller Vorhersagen wirklich die Kurve gekratzt hat. Sie wollte auch schon sterben und hat sich informiert, ob man nicht einfach verhungern kann. Ich habe dann auch ein schlechtes Gewissen bekommen, weil ich sie pausenlos besucht und „gefüttert“ habe. Aber sie hat dann trotzdem akzeptiert, dass sie etwas essen muss. Wenn du überleben willst, musst du was essen. Der Körper ist nun einmal so aufgebaut. Da nutzt die Therapie genauso wenig wie die besten Medikamente, homöopathischen Mittel und Nahrungsergänzungsmittel. Das Schönste ist natürlich dementsprechend, dass sie es wirklich geschafft hat.

Wusstest du, dass Birgit auch als Bloggerin für Kurvenkratzer schreibt und regelmäßig neue Beiträge, Rezepte und Tipps veröffentlicht? Hier kommst du zu Birgit Indras Blogbeiträgen

Du bist Angehörige, KrebspatientIn oder einfach interessiert neue leckere Rezepte zu lernen? Auf der Webseite der Wanderköchin mit Herz erfährst du mehr!

Birgit gibt es auch in den Sozialen Medien. Du findest die Wanderköchin mit Herz auf Facebook und Instagram

hallo@wanderkoechin.at

Über die Serie

Stark sein? Runterschlucken? Das Schicksal ertragen? Wir von Kurvenkratzer bekommen latenten Brechreiz, wenn wir derartige Sprüche hören. Und warum flüstern wir, wenn wir über Krebs reden? Ja, Krebs ist in unserer Gesellschaft leider noch immer ein Tabu. Studien zufolge trifft aber jeden zweiten Menschen im Laufe seines Lebens eine Krebserkrankung. Krebs ist also alles andere als eine gesellschaftliche Nische.

In unseren Interviews sprechen wir mit Menschen, die Krebs am eigenen Leib erfahren haben oder nahe Betroffene sind. Wir reden mit ihnen über den Schock, den Schmerz, Hilfe zur Selbsthilfe, Humor und Sexualität, sowie darüber, wie es gelingt, Mut und Hoffnung zu finden. Damit möchten wir dich motivieren: Wenn du das Gefühl hast, über deine Erkrankung sprechen zu wollen, dann tu es. Du bist nicht allein.

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