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Checkliste anhand des Beispiels Darmkrebs
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Diagnose Dialog: So gelingt dein Arztgespräch mit Metastasen

Beim guten Arztgespräch geht es nicht darum, den Ball ins gegnerische Feld zu schlagen, sondern um ein präzises Zusammenspiel. Gemeinsam mit Dr. Annika Kurreck, Onkologin an der Berliner Charité, und Darmkrebspatientin Claudia Neumann zeigen wir, wie du mit den richtigen Fragen eine starke Teamdynamik aufbaust.

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Wir sagen dir, wie du: 

  • Ein gutes Team mit deinem ärztlichen Gegenüber bildest 
  • Deine Therapie aktiv mitgestaltest  
  • Die richtige Strategie für dich wählst  
  • Langfristige Perspektiven erkennst 
  • Mit den richtigen Fragen konkrete Antworten erhältst 

Diagnose Darmkrebs mit Metastasen? Uff. Erstmal durchatmen. Jetzt kommt eine Zeit voller Arztgespräche, komplexer Infos und wichtigen Entscheidungen auf dich zu. Aber nur Mut – in diesem Checklistenartikel erfährst du alles, was du wissen musst, um die Kommunikation mit deinen Ärzt:innen zu meistern und gemeinsame Therapieentscheidungen zu treffen. 

Wir haben dazu zwei absolute Expertinnen ausgefragt: Onkologin Annika Kurreck von der Berliner Charité und Darmkrebspatientin Claudia Neumann. 

Apropos: Die Tipps sind allgemeingültig, aber weil dieser Artikel im Darmkrebsmonat März erschienen ist, haben wir uns das Beispiel Darmkrebs hergerichtet.

Aus eins mach zwei: Gleich Folgetermin ausmachen!

Dir gegenüber sitzt ein Arzt oder eine Ärztin. Die Diagnose? Metastasierter Darmkrebs. Dein:e Behandler:in ist ab sofort deine wichtigste Ansprechperson in Sachen Therapie. Wie gut ihr euch versteht, macht einen großen Unterschied.   

Dir fällt auf, dass du nichts mehr mitbekommst? Ab dem Moment, in dem das Wort “metastasiert” gefallen ist, hast du vielleicht zehn Prozent vom Gesagten behalten. Frage daher am besten gleich nach einem Zweitgespräch am nächsten Tag. Falls du die richtige Person am Start hast, bringe sie mit zu den Gesprächen. Vier Ohren hören mehr als zwei, aber es ist wichtig, dass er oder sie Ruhe ausstrahlt und die Situation nicht noch emotionaler macht, als sie schon ist. 

Denn alles, was jetzt gesagt wird, ist wichtig! Und deswegen solltest du auch mit voller Aufmerksamkeit lauschen können. Also: Sammeln, verdauen (hah!) und im Folgegespräch mit neuem Schwung in die Informationsflut. Wie du dich gezielt schlau machen kannst, haben wir bereits für dich zusammengefasst.  

„Die meisten Ärzt:innen, werden Onkolog:innen, weil sie den engen Kontakt zu den Patient:innen schätzen.”
Dr. Annika Kurreck
Frau hält Stetoskop in Herzform.
Wenn ihr ein gutes Team bildet, kann das super-positive Auswirkungen auf die Therapie haben. (Foto: Unsplash/Patty Britto)

Schreib. Alles. Auf. 

Nun ist Zeit für die ungeliebten Hausaufgaben.   

Du wirst viele Fragen haben, garantiert! Es ist unrealistisch, dass du beim nächsten Gespräch eine nach der anderen perfekt vorbringen wirst. Außerdem führt das frenetische Arbeitspensum von Ärzt:innen dazu, dass sie zu Ungeduld neigen.   

Deswegen: Alle Fragen aufschreiben, egal wie. Ob im Handy, im Notizblock, oder auf der Handfläche. Wenn Ärzt:innen merken, dass du vorbereitet und mit konkreten Punkten zum Gespräch kommst, beantworten sie dir sicherlich alle Fragen.   

Das Kurvenkratzer Magazin dankt Claudia Neumann und Annika Kurreck für das Interview.  

Darmkrebs Foto Kurreck

PD Dr. Annika Kurreck ist Funktionsoberärztin der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie an der Charité Universitätsklinik in Berlin. Sie weiß viel über vieles, aber besonders viel über genetische Mutationen bei Darmkrebs. 

 

 

Darmkrebs IMG_

Claudia Liane Neumann erkrankte mit 28 Jahren an Darmkrebs. Nach erfolgreicher Behandlung engagiert sie sich ehrenamtlich für die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs und setzt sich für die Aufklärung zu Darmkrebs und zu dessen Früherkennung ein.  

 

Nimm den Krach mit ins Gespräch 

In der Zwischenzeit hat sich vielleicht die ein oder andere Stimme aus dem Dunstkreis deiner Lieblingsmenschen gemeldet. Währenddessen forschst du bei Dr. Google zu deiner Situation. In Foren stößt du auf Meinungen und Erfahrungen. In der Selbsthilfegruppe empfehlen sie XY.   

Schreib auf, was dich beschäftigt, und trage es deinem Arzt oder deiner Ärztin vor. So vermeidest du Missverständnisse und hütest dich vor Halbwahrheiten, während du gleichzeitig Verständnis für deine Situation erlangst.   

Denn: Kein Krebs ist gleich, jeder Tumor ist einzigartig. Das ist kein Aufruf für die Rechte von Tumoren – es bedeutet vielmehr, dass die Menschen, die ihre Behandlungserfahrungen mit dir teilen, nicht exakt die gleiche Krankheit haben wie du. Außerdem ist der Fortschritt schneller als Schmidts Katze und fünf Jahre alte Berichte sind eventuell nicht mehr aktuell.  

Sei offen und sprich aus, was dich beschäftigt 

Offenheit in der Kommunikation ist ein unterschätzter Faktor in punkto Therapieerfolg. Du und dein betreuender Arzt oder deine Ärztin seid in gleichem Maße für eine vertrauensvolle Beziehung verantwortlich, in der alles krebsrelevante Platz hat.  

Scheue dich nicht, offen über deine Symptome, Sorgen und Unsicherheiten zu sprechen, sobald sie aufkommen. Wenn du Nebenwirkungen herunterspielst oder Belastungen für dich behältst, kann es nämlich sein, dass du nicht die passende Behandlung bekommst. Ärzt:innen können schließlich nur auf das reagieren, was du ihnen offenlegst. 

“Auch für Emotionen sollte Platz sein. Ich habe immer eine Box Taschentücher im Raum. Im Laufe der Behandlung gibt es Momente, in denen man sich gemeinsam freut, und welche, in denen man weint.”
Dr. Annika Kurreck

Genauso wichtig ist es, dass deine ärztlichen Teamkolleg:innen ehrlich mit dir sprechen – über deine Diagnose, Therapieoptionen und mögliche Nebenwirkungen. Nur wenn du alle relevanten Informationen hast, kannst du fundierte Entscheidungen über deine Behandlung treffen. Falls du das Gefühl hast, dass du nicht genug erfährst oder nicht ernst genommen wirst, sprich es an! 

Bücher fliegen durch den Raum.
Wenn die Verwirrung überhandnimmt, schreib deine Gedanken auf und bring sie zum nächsten Arztgespräch. (Foto: Unsplash/Lacie Slezak)

Wenn’s nicht passt, wechsle deinen Arzt oder deine Ärztin 

Du hast das Recht auf freie Arztwahl und somit kannst du jederzeit eine:n andere:n Arzt oder Ärztin verlangen. Sei es, weil du und dein Gegenüber charakterlich nicht zusammenpassen oder weil du dich nicht ernst genommen fühlst. Hier geht es schließlich um deinen Therapieerfolg. Offen kommunizieren bedeutet auch, sich nicht zurückzuhalten, wenn etwas nicht passt.   

Sonderfall: Sprachbarrieren 

Sprachliche Barrieren helfen nicht gerade beim gegenseitigen Verständnis. Falls Deutsch nicht deine Muttersprache ist, kann dir die Klinik unter Umständen beim Erstgespräch eine:n Übersetzer:in zur Verfügung stellen. Gerade am Anfang ist es besser, Angehörige nicht als vermittelnde Personen mitzunehmen, da sie emotional involviert sind und die Gefahr besteht, dass Informationen verloren gehen oder falsch übersetzt werden.

Später, im Laufe der Behandlung, können Angehörige natürlich mitkommen und übersetzen.

Jedoch musst du beachten, dass nicht alle Kliniken Dolmetscher:innen organisieren können – schon gar nicht im ambulanten Bereich. Sollte der Termin sehr kurzfristig sein, liegt es in der Verantwortung des oder der Patient:in, eine:n Übersetzer:in mitzubringen. Insbesondere, wenn es eine Sprache ist, die nicht weit verbreitet ist.

Mit Wahlfreiheit, Pausen und Therapiemüdigkeit beschäftigen wir uns auf der nächsten Seite.

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