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Assistierter Suizid
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Assistierter Suizid: Beihilfe zum Sterben erklärt

Sterbehilfe ist zwar legal, aber das heißt nicht, dass sie sorgfältig geregelt ist. Viele Begrifflichkeiten, viel Verwirrung. Wir erklären dir, wie der assistierte Suizid in Deutschland und Österreich rechtlich funktioniert.

In diesem Artikel erklären wir dir: 

  • Wer Sterbehilfe in Anspruch nehmen darf 
  • Warum es wichtig ist, sich fundiert und neutral zu informieren 
  • Den Unterschied zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe 
  • Wie die Sterbeverfügung geregelt ist 
  • Wie das Ganze in der Schweiz funktioniert 
  • Was ethisch gesehen für und gegen eine aktive Sterbehilfe spricht 

Wenn der Tod an sich schon kein einfaches Thema ist, was ist dann bitte Suizid?! Pfiu. Durchatmen. Wer aus gesundheitlichen Gründen über den selbstbestimmten Tod nachdenkt, oder am Rande damit zu tun hat, muss erstmal wissen: Eingehende Reflexion ist immens wichtig, egal ob als Sterbewillige:r, oder Beihelfende:r.

Zudem appellieren wir an die individuelle Verantwortung, sich ausgiebig zu informieren, um wohldurchdacht und niemals leichtfertig Entscheidungen zu treffen. Und um das zu tun, braucht man die richtigen Infos. 

Aufgrund des ernsten Themas ist dieser Artikel nicht so locker-flockig wie ihr es von uns gewohnt seid. Wir wollen euch eine neutrale und ausgiebige Info zu diesem Thema ermöglichen.

Am Beispiel Österreich erklären wir dir, wie assistierter Suizid rechtlich ablaufen kann und werfen dann einen Blick auf die Situation in Deutschland und landen schlussendlich in der Schweiz, wo der selbstbestimmte Tod schon lange rechtmäßig gewählt werden darf. Und zu guter Letzt widmen wir uns der ethischen Frage: Wieso überhaupt Sterbehilfe anbieten?

Leidest du an Depressionen und denkst an Suizid? Lass dir helfen und sprich mit anderen Menschen darüber. Hier findest du (u.a. anonyme) Hilfsangebote in vermeintlich ausweglosen Lebenslagen. Per Telefon, Chat, E-Mail oder im persönlichen Gespräch. 

Deutschland

Telefonseelsorge (0-24 Uhr, kostenlos): 0800/111 0 111,  0800/111 0 222 oder 116 123 

Österreich 

Telefonseelsorge (0–24 Uhr, kostenlos): 142 

Weitere Anlaufstellen findest du am Ende des Artikels. 

Gleich vorweg: In allen drei Ländern ist das Verbot auf Suizid und somit auch auf Suizidhilfe aufgehoben. Das heißt: Selbstbestimmtes Sterben ist erlaubt, und die Hilfe durch andere Menschen ebenso. Nur: So einfach ist das Ganze auch wieder nicht.  

1. Nicht jede:r darf selbstbestimmt sterben 

Um jegliche Missverständnisse auszuräumen: Zur Sterbehilfe berechtigt sind nur dauerhaft Schwer- und unheilbar Kranke.  Hinzu kommt, dass sie volljährig sein müssen und außerdem zurechnungs- und entscheidungsfähig. Dazu später mehr. 

2. Sterbebegleitung ≠ Sterbehilfe 

Der Ursprung eines Sterbewunsches steht oft in direktem Verhältnis mit der Angst vor unerträglichen Schmerzen und großen Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit und Lebensqualität am Lebensende.  

Genauso wie Menschen mit schweren Krankheiten das Recht auf einen selbstbestimmten Tod haben, haben sie auch das Recht auf medizinische und spirituelle Begleitung, die ihnen diesen letzten Lebensabschnitt so angenehm wie möglich macht. Das ist die Aufgabe der Palliativmedizin.

Und bevor jemand überhaupt daran denkt Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, sollte er oder sie erstmal um die Möglichkeiten der Sterbebegleitung wissen. Deshalb haben wir eine ganze Fundgrube an Infos zusammengetragen. Du findest sie in der Quellenbox am Ende des Artikels.

Gleise Spielzeug
Wir sagen dir, was bei der Sterbehilfe erlaubt ist und was nicht. (Foto: Pexels/googledeepmind)

3. Beihilfe zum Sterben ist nicht gleich Beihilfe zum Sterben 

Aktive Sterbehilfe 

  • Indirekt: Um die Leiden eines oder einer Patient:in gegen Lebensende zu verringern, verabreicht man Medikamente, die so sedieren, dass das Bewusstsein der sterbenden Person eingeschränkt ist. Nebeneffekt ist oft, dass diese die Lebensdauer verkürzen könnten und somit der mögliche Tod in Kauf genommen wird. Diese Art der Sterbehilfe ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz erlaubt, sofern dies in der Verfügung gewünscht wird. 
  • Direkt: Wenn sich eine schwerkranke Person mit dem ausdrücklichen Wunsch an dich richtet, sterben zu wollen, und du dem nachkommst, indem du dieser Person ein tödliches Mittel verabreichst, dann ist das strafrechtlich gesehen nicht Mord, sondern “Töten auf Verlangen”. Trotzdem ist diese Aktion weder in Deutschland, Österreich, noch in der Schweiz erlaubt. In den Benelux-Staaten hingegen schon, aber nur, wenn ein Arzt oder eine Ärztin die Todesspritze ansetzt.

    Hat die sterbewillige Person nichts dergleichen aufgeschrieben, und den Wunsch auch nicht ausdrücklich und vor anderen Zeug:innen ausgesprochen, dann ist das Urteil vor Gericht ein Einfaches: Mord. Aber wie weist man den Wunsch schriftlich nach?  

Die Sterbeverfügung

Um den erholfenen Freitod selbstbestimmt und rechtmäßig zu begehen, braucht es bestenfalls eine Verfügung, die den Sterbewunsch offiziell festhält. 

In Deutschland wird Stand 2024 noch über weitere Regelungen debattiert. Doch entsprechende Gesetzesvorschläge scheiterten bisher an einer Mehrheit.  

Österreich hingegen hat schon geregelt. Um Missbrauch zu vermeiden, gibt es hier seit 2022 eine eigene Sterbeverfügung, die nur von der sterbewilligen Person aufgesetzt werden kann. Sie ist jedoch keine gesetzliche Voraussetzung, sondern vielmehr eine Absicherung.

Auf der nächsten Seite erklären wir den Weg zur Sterbeverfügung und gehen tiefer rein ins Thema „passive Sterbehilfe“.

Über die Serie

Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.

Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.

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