Wie der Tod zum Freund fürs Leben wird
Aus der Ferne wie aus der Nähe wirkt der Tod bedrohlich. Doch tatsächlich kann er dir helfen, das Leben mehr zu schätzen. Wir zeigen dir, wie das Ende als Motivation für das Jetzt dienen kann.
Du bist in diesem Artikel richtig, wenn du wissen willst:
- Warum es blöd ist, den Tod zu verdrängen.
- Warum das Nachdenken über die eigene Sterblichkeit lebensbejahend ist.
- Und wie du dich regelmäßig daran erinnerst, dass du nicht unendlich Zeit hast (weil’s verdammt nochmal hilft, den Moment zu genießen).
Der Tod ist, neben der Geburt, die einzige Erfahrung, die keinem:keiner Erdenbewohner:in erspart bleibt. Die einzige Absolute des Lebens. Alles, was dazwischen liegt, ist relativ, unvorhersehbar und jederzeit veränderbar.
Wir Menschis führen ein kompliziertes Verhältnis mit dem Exitus – einerseits sind wir fasziniert, anderseits halten wir ihn mental auf mehrere Armlängen Abstand. Dem Gevatter Tod ist das herzlichst wurscht. Der macht weiter wie bisher, und lacht sich ins knochige Fäustchen, weil wir nach wie vor denken, dass er uns Böses will.
Gerade für jene von uns, die Krebs mit sich rumtragen, ist der Tod ein ständiger gedanklicher Begleiter – und somit die Auseinandersetzung mit ihm umso wichtiger. Denn ihn zu ignorieren bedeutet, der Realität nicht auf Augenhöhe zu begegnen und die Chance nicht zu ergreifen, aufzuwachen.
Was, wenn wir dir also sagen, dass es nichts Gesünderes gibt als den Tod? Nein, damit meinen wir nicht, dass es förderlich ist, zu sterben. Sondern, dass das Leben viel wertvoller erscheint, wenn man seinen eigenen, unvermeidbaren Tod miteinberechnet. Du stirbst nur einmal, aber leben tust du jeden Tag.
Kehre nicht unter den Teppich der Unendlichkeit
Es ist wirklich kein Geheimnis: Wir mögen es nicht, über den Tod zu reden. Zwar können manche von uns mit Weitsicht ihre Zukunft planen, aber sich dazu durchzuringen, über die letzten Momente zu sprechen, die uns irgendwann alle erwarten, ist ein ganz anderes Level.
Stattdessen beschäftigen wir uns viel lieber mit Social Media, Netflix, Aperol, und endlosem Tratsch, in dem unbewussten Versuch, das potenzielle Nichts hinter dem Tod zu ignorieren.
Wir scheuen uns davor, mitten in unseren Gedanken zu verharren, weil wir so das Risiko eingehen würden, über jenes Nichts nachzudenken. Wir sagen „Risiko“, weil die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit weitreichende Folgen haben kann. Du könntest ja auf einmal realisieren, dass dein halbherziger Büroalltag Zeitverschwendung ist.
Netterweise hält unser Geist uns auf wundersamem Wege davon ab, immerzu im Wissen um den Tod zu leben, damit wir gemütlich weitermachen können wie bisher.
Die Routine mag sicher und ungefährlich sein, aber wirklich befriedigend ist sie selten. Man lebt eben, als hätte man noch unendlich Zeit. Und so wird es sehr einfach, die wirklich wichtigen Dinge (á la Liebesbekenntnisse, Weltreisen, Hilfe leisten, Sinnfindung, Selbstkenntnis) aufzuschieben, von denen du eigentlich weißt, dass du sie tun musst.
Es heißt immer, die Menschen fürchten die Endlichkeit, aber sollte es nicht eigentlich andersherum sein? Müssten wir nicht die Unendlichkeit fürchten? Schließlich nähme sie dem Leben die Bedeutung.
Kurz gesagt: Den Tod nicht am Schirm zu haben, kann dich daran hindern, authentisch zu leben. Schaust du aber aus der Perspektive des Schlussstrichs, gewinnt das Leben vor dir auf einmal an Bedeutung. Es gibt doch noch so viel zu tun, so viel zu probieren, so viel herauszufinden.
Auf der nächsten Seite beschäftigen wir uns damit, wie der Tod dein Motivationstrainer für ein besseres Leben sein kann.
Über die Serie
Oh nein, nächstes Tabuthema auf Kollisionskurs! Als ob Krebs nicht ausreicht. Machen wir uns nichts vor: Krebs wird direkt mit Sterben, Tod und Trauer in Verbindung gebracht, auch wenn viele Krebserkrankungen gar nicht tödlich sind. Geht’s doch schließlich ums Abschiednehmen, das alte Leben loslassen.
Wer uns kennt, weiß, dass wir alles locker, aber nichts auf die leichte Schulter nehmen. Schon gar nicht das Lebensende. Scheiden tut weh, keine Frage, und den Löffel abzugeben ist nicht lustig, aber wer zuletzt lacht, soll am besten lachen. Lass uns gemeinsam ins Gras beißen! Wie, das erfährst du in dieser Serie.